Spezialkopfhörer zur Tinnitus-Therapie

Forschung der TU Ilmenau an einem Kunstkopf (Foto: © TU Ilmenau/Michael Reichel).

Ein Spezialkopfhörer soll schon bald zur Diagnostik und Therapie von Tinnitus zum Einsatz kommen und die Lebensqualität von Betroffenen verbessern. Allein in Europa leiden Schätzungen zufolge 46 Millionen Menschen an Tinnitus.

Das Unternehmen Brandenburg Labs und die Technische Universität Ilmenau wollen den Spezialkopfhörer im Rahmen des Forschungsprojekts „Theranostik und Therapie von Tinnitus mittels räumlichen Hörens“ (TheraTin) entwickeln. Erklärtes Ziel ist es, die Situation von Tinnitus-Betroffenen deutlich zu verbessern.

Objektivere Diagnose

Die neue Technologie verspricht Vorteile für behandelnde Therapeuten. So wird die bislang subjektive Ursachenidentifikation stärker objektiviert: Die Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns der Betroffenen mit Hilfe von EEG-Sensoren im Spezialkopfhörer und die automatische Analyse der Hirnsignale unterstützt eine objektive Einschätzung des Tinnitus durch die Therapeuten. Das soll eine bessere Behandlung ermöglichen. 

Räumliches Hören und Unabhängigkeit

Für Betroffene ist das Hören mit dem Kopfhörer eine große Erleichterung. Er arbeitet auf Basis der in Ilmenau weiterentwickelten sogenannten plausiblen Raumklangsynthese. Durch das immersive Hörerlebnis nehmen die Patientinnen und Patienten die virtuellen Klangquellen nicht mehr in seinem Kopf, sondern im Raum wahr. Das soll die Tinnitus-Therapie maßgeblich unterstützen. Die Kopfhörer lassen sich überall benutzen. Dadurch entfallen zeitaufwändige Besuche für die Untersuchung oder für die Behandlung beim Therapeuten.

Große Herausforderungen

Aufgabe des Fachgebiets Biosignalverarbeitung der TU Ilmenau im TheraTin-Projekt ist es, Indikatoren zu identifizieren, anhand derer sich die elektrischen Aktivitäten des Hörapparats eindeutig dem Tinnitus zuordnen lassen. Eine große Herausforderung, weiß der Leiter des Fachgebiets, Prof. Dr.-Ing. Peter Husar: „Es wird nicht leicht werden, die räumliche Richtung einer eigentlich gar nicht vorhandenen Schallquelle zu identifizieren, die für den Tinnitus verantwortlich ist. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass uns das, wie es wissenschaftliches Vorgehen vorgibt, nachweisbar und reproduzierbar gelingen kann.“

 Auch Dr. Stephan Werner, Kommissarischer Leiter des Fachgebiets Elektronische Medientechnik, sieht im Projekt Herausforderungen: „Um die Fähigkeit eines Betroffenen, räumlich zu hören, umfassend in die Tinnitus-Therapie einbinden zu können, dürfen die Betroffenen die virtuellen Schallquellen nicht von realen Schallquellen im Raum unterscheiden. Nicht zuletzt deshalb werden wir im Projekt mit erfahrenen Tinnitus-Therapeuten zusammenarbeiten.“

Zwei Jahre Forschungsarbeit

Das zweijährige Verbundprojekt wird im Rahmen der Richtlinie des Freistaats Thüringen zur Förderung von Forschung, Technologie und Innovation als Teil der Reaktion der Europäischen Union auf die COVID-19-Pandemie (REACT-EU) finanziert. Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Brandenburg, CEO des Projektkoordinators Brandenburg Labs GmbH, ist zuversichtlich: „Wir haben uns für diese Zeit sehr viel vorgenommen. Dank der Vorarbeiten in den Fachgebieten der TU Ilmenau Elektronische Medientechnik und Biosignalverarbeitung und bei Brandenburg Labs sind wir sicher, gute Ergebnisse erzielen zu können, aus denen neue Indikatoren für Therapiemöglichkeiten des Tinnitus entstehen.“