So digital sind deutsche Praxen

In den Praxen in Deutschland sind digitale Anwendungen heute Standard. Allerdings haben viele Ärzte und Psychotherapeuten Zweifel daran, dass sie durch die Digitalisierung mehr Zeit für ihre Patienten gewinnen. Das zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Studie „PraxisBarometer“ die das IGES Institut im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) durchgeführt hat. Im Rahmen der Erhebung wurden die Angaben von 1.764 Ärzten und Psychotherapeuten ausgewertet.

73 Prozent der befragten Praxen haben die Patientendokumentation mehrheitlich oder vollständig digitalisiert. 75 Prozent der großen, meist interdisziplinär besetzten Praxen nutzen Programme für die Raumplanung und Gerätenutzung. Bei rund 60 Prozent der Hausärzte kommt eine digitale Anwendung zur Erkennung von Arzneimittelwechselwirkungen zum Einsatz. Zudem verfügen rund drei Viertel der befragten Praxen über Geräte mit digitalen Schnittstellen zum Praxisverwaltungssystem. Darüber hinaus rechnen alle Praxen digital mit der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung ab.

Vorteile für die Patienten

„Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten, die Zukunft sinnvoll, also patientengerecht, zu gestalten“, sagt KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. Chancen hierfür sehen die Ärzte und Psychotherapeuten beispielsweise in elektronischen Medikationsplänen (54 Prozent), digitalen Notfalldatensätzen (49 Prozent) sowie digitalen Verordnungen (44 Prozent). Nach Ansicht der Ärzte haben auch die Einrichtung eines digitalen Mutter- beziehungsweise Impfpasses (43 Prozent) und einer einrichtungsübergreifenden digitalen Patientenakten (38 Prozent) großes Potenzial.

Mehrwerte für Praxen wichtig

Die KBV unterstützt Kriedel zufolge die Entwicklung aller digitalen Anwendungen, die für Patienten, Ärzte und Psychotherapeuten Mehrwerte bringen und so die Versorgungsqualität steigern. Dazu zählen auch mögliche Zeitersparnisse durch Prozessoptimierungen im Praxismanagement und in der Kommunikation mit Kollegen und Krankenhäusern (jeweils 60 Prozent). Die Hälfte der Befragten (54 Prozent) hält den eArztbrief für sehr hilfreich.

Sicherheitsbedenken

„Alle Maßnahmen im Rahmen der Digitalisierung sollten idealerweise den Arzt entlasten und Zeit schaffen, die der eigentlichen Arbeit mit den Patienten zugute kommt“, sagt KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Genau in diesem Punkt sind Ärzte und Psychotherapeuten besorgt. Rund 44 Prozent der Befragten haben ernsthafte Zweifel, ob sie durch die Digitalisierung wirklich mehr Zeit für ihre Patienten haben. Als mögliche Hemmnisse sieht die Ärzteschaft auch das Thema IT-Sicherheit (78 Prozent) und die Fehleranfälligkeit der elektronischen Datenverarbeitung (43 Prozent.

Nach Ansicht von Gassen ist Digitalisierung kein Allheilmittel und kein Selbstzweck. Es komme auf planvolle Umsetzung, sinnvolle Einbettung und Funktionalität im Praxisalltag an. „Die Industrie muss den Praxen sichere, funktionale und bezahlbare Lösungen bieten, so können auch Skeptiker überzeugt werden. Digitalisierung soll ärztliches Handeln unterstützen, nicht beeinträchtigen”, fügt Kriedel hinzu.

Breitbandausbau vorantreiben

Im Zuge der Digitalisierung auch stellt die KBV auch Forderungen an die Politik. „Bisher zahlen die Ärzte selbst für den zeitlichen und personellen Aufwand, der für Digitalisierungsmaßnahmen betrieben wird. Hier sind zusätzliche finanzielle Mittel erforderlich“, so Kriedel. Außerdem müsse der Breitbandausbau weiter vorangetrieben werden und der Gesetzgeber Normen vorgeben, um eine Interoperationalität der Systeme zu erreichen.