Was bisher nur im Schlaflabor möglich war, soll sich dank einer neuen Methode künftig von überall aus durchführen lassen. Ein Gerät am Handgelenk ist ausreichend, um wesentliche Charakteristika des menschlichen Schlafs zu erfassen. Denn Chronobiologen an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München haben die einfache Methode entwickelt, um zu messen, was während des Schlafs passiert.
Selbst im Schlaf kommt der Mensch nicht vollständig zur Ruhe. Auf dieser einfachen Erkenntnis basiert die neue Methode von Professor Till Roenneberg, Leiter der Arbeitsgruppe „Humane Chronobiologie“ am Institut für Medizinische Psychologie der LMU, und Dr. Eva Winnebeck, Leiterin des Schlaflabors der Arbeitsgruppe. Im Rahmen einer Studie wurden mehr als 16.000 Schlafepisoden von 593 Personen im Alter von 8 bis 92 Jahren ausgewertet. Auf diese Weise haben die Wissenschaftler Bewegungsmuster identifiziert, die sich etwa alle 90 Minuten wiederholen. Ihr neues Maß, das diese Bewegungsrhythmen zeigt, nennen sie „Locomotor Inactivity During Sleep“ (LIDS). Das Auf und Ab der Bewegung stimmt im Wesentlichen mit den sogenannten REM- und Non-REM-Zyklen überein, die während des Schlafs mehrmals aufeinanderfolgen. Doch während die REM- und Non-REM-Phasen im Schlaflabor mittels EEG gemessen werden, lässt sich das LIDS-Muster mit einer Art Uhr am Handgelenk bestimmen.
Mobiles Schlaflabor auch für Langzeitmessungen
Dieser sogenannte Aktimeter zur Messung der körperlichen während des Schlafs kann die Aktivitäts- und Ruhedaten über mehrere Monate erfassen und funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Fitnessarmbänder und -uhren. Auch sie versuchen, anhand von Bewegung Aussagen über Schlafcharakteristika zu treffen. „Unsere Methode ist jedoch transparent und einfach und funktioniert besonders in Langzeitmessungen“, erklärt Roenneberg den Unterschied.
„Unsere neue Methode macht es möglich, mit einem einfachen Mittel objektive Informationen über individuelle Schlafcharakteristika und -phasen außerhalb des Labors zu gewinnen. Mit diesem Ansatz wird die ganze Welt zum Schlaflabor“, sagt Roenneberg. So konnten die Wissenschaftler beispielsweise schon feststellen, dass sich Schichtarbeiter, die ständig ihre Schlafzeiten ändern müssen, mehr im Schlaf bewegen als Tagarbeiter mit regelmäßigen Schlafzeiten. Generell bewegen sich Männer in diesen Nachtphasen auch mehr als Frauen. Und je jünger die Probanden waren, desto ausgeprägter waren die Bewegungsrhythmen im Schnitt und desto mehr nahm die Bewegung zum Ende des Schlafs hinzu.
Hilfe bei Schlafproblemen
Die Wissenschaftler haben ihre Erkenntnisse jetzt im Fachmagazin Current Biology veröffentlicht, das den neuen Ansatz als „Durchbruch“ in der Schlafforschung wertet. Mit der neuen Methode wird es nun nicht nur für die Wissenschaftler leichter, die Qualität von Schlaf zu erforschen, die bisher nicht objektiv messbar ist. Langfristig soll sie dazu beitragen, Menschen mit Schlafproblemen zu helfen.