Rasanter Mikroroboter für minimal-invasive Behandlungen

Oncay Yasa, Dr. Amirreza Aghakhani und Dr. Metin Sitti vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme haben haben einen frei beweglichen Mikroroboter entwickelt. (Foto: Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme)

Besonders schnell und frei beweglich ist ein Mikroroboter, den Forscher am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart entwickelt haben. Er wird durch Ultraschall bewegt und ist wesentlich schneller als natürliche Mikroorganismen wie Bakterien oder Algen. 

Der bolzenförmigen, synthetische Roboter hat einen Durchmesser von nur 25 Mikrometern, das ist weniger als der Durchmesser eines menschlichen Haares.

Pulsierende Luftblase schiebt das Geschoss vorwärts

Die Forscher haben den aus Polymer 3D-gedruckten Mikroroboter mit einem runden Hohlraum und einer kleinen röhrenförmigen Öffnung ausgestattet. Wenn der Roboter von von Flüssigkeit wie etwa Wasser umgeben ist, kapselt er eine Luftblase ein. Sobald der smarte Winzling Ultraschallwellen von etwa 330 kHz ausgesetzt wird, pulsiert die Luftblase und drückt die Flüssigkeit im Inneren der röhrenförmigen Öffnung in Richtung Ausgang. Die Bewegung der Flüssigkeit schiebt dann das Geschoss mit bis zu 90 Körperlängen pro Sekunde vorwärts.

Bisherige Modelle zu langsam

Mit Ultraschallwellen angetriebene Mikroroboter gibt es zwar schon. Bisherige Modelle waren jedoch relativ langsam und erwiesen sich in der Nähe von Oberflächen schwierig zu steuern. Außerdem ließen sie sich bereits nach wenigen Minuten nicht mehr steuern, weil der Druck des Wassers zu groß wurde und es den Hohlraum des Schwimmers vollständig füllte. Das erschwerte den Einsatz solcher Miniaturroboter für medizinische Anwendungen, etwa um gezielt Medikamente zu verabreichen oder zu entgiften. Auch nicht-invasive Operationen waren die älteren Modelle kaum brauchbar. Die Wissenschaftler der Abteilung für Physische Intelligenz am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme Amirreza Aghakhani, Oncay Yasa, Paul Wrede und Metin Sitti, der Direktor der Abteilung, zeigen in ihrer Forschungsarbeit, wie sie die Lenkfähigkeiten ihres Roboters verfeinern und gleichzeitig die Betriebszeit auf mehrere Stunden erhöhen konnten.

Fahrtrichtung ändern

Zusätzlich zu dem Hohlraum und einer Öffnung nach unten hin haben die Wissenschaftler ihren Roboter mit einer kleinen Flosse ausgestattet. Diese Flosse gibt die Schwimmrichtung vor. Außerdem trugen die Wissenschaftler eine magnetische Nanofilmschicht auf die Spitze des Roboters auf. Mit Hilfe externer Magnetfelder konnten sie so die Fahrtrichtung nach links oder rechts beziehungsweise oben oder unten ändern.

Die Forscher haben bereits getestet, wie gut sich ihr Roboter innerhalb einer kleinen Röhre bewegen kann, die in etwa so groß wie ein Blutgefäß ist. Sie setzten den Roboter akustischen Wellen und einem Magnetfeld aus. Er konnte in dem Kanal zu navigiert werden und das unabhängig davon, ob die Oberfläche glatt oder gewellt war. Die Wissenschaftler zeigten zudem, dass das Einfangen von Ladung automatisch geschieht, während sich der Mikroroboter fortbewegt. Während die Flüssigkeit aus dem Hohlraum des Roboters gedrückt wird, wird ein kreisförmiger Strom erzeugt. Er sorgt dafür, dass die umgebenden Medikamentenpartikel zum Roboter geführt werden. Dort sammeln sich die Partikel an und werden wegtransportiert. Dank dieser Fähigkeit, Ladung einzufangen, könnten solche Roboter zukünftig vielleicht dazu eingesetzt werden, um Krebsmedikamente im Blutstrom zu sammeln und das Medikament gezielt in Richtung eines Karzinoms zu transportieren. Die Ladung könnte dann in unmittelbarer Nähe freigesetzt werden, um eine maximale Wirkung zu erzielen.

Helfer für minimalinvasive medizinische Anwendungen

„Wir können unsere Mikroroboter sehr effizient betätigen, und sie sind auch sehr schnell. Ultraschall ist für den Körper harmlos und kann tief in das Innere des Körpers eindringen. Wir können unsere Roboter sowohl auf flachen als auch auf welligen Oberflächen kontrolliert bewegen und wir können Ladung wie zum Beispiel Medikamente fortbewegen“, sagt Amirreza Aghakhani, ein Postdoc in der Abteilung für Physische Intelligenz. Gemeinsam mit seinen Kollegen hofft er darauf, dass solche akustisch angetriebenen und magnetisch gesteuerten Mikroroboter bereits in naher Zukunft im menschlichen Körper für verschiedene minimalinvasive medizinische Anwendungen eingesetzt werden können.