Optischer Biosensor findet Coronavirus

Ein neuer optischer Sensor könnte verwendet werden, um Konzentrationen des Virus an stark frequentierten Orten zu messen. (Foto: Tomek Baginski, Unsplash)

Ein Forscherteam hat einen neuartigen Sensor zum Nachweis des Coronavirus entwickelt. Dieser Sensor könnte künftig dazu genutzt werden, die Virenkonzentration in der Umwelt zu bestimmen, beispielsweise an Orten, an denen sich viele Menschen aufhalten oder in Lüftungssystemen von Krankenhäusern.

Entwickelt wurde der Sensor von Forschern der Empa, der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich. So arbeitet Jing Wang an der Empa und an der ETH Zürich mit seinem Team sonst daran, Luftschadstoffe wie Aerosole und künstlich hergestellte Nanopartikel zu messen, zu analysieren und zu vermindern. Doch die aktuelle Herausforderung, vor denen zurzeit die ganze Welt steht, ändert auch die Ziele und Strategien in den Forschungslabors. Im Fokus seht nun ein Sensor, der SARS-CoV-2 schnell und zuverlässig feststellen kann.

Grundlagen weiterentwickelt

Schon vor der Ausbreitung des Covid-19-Virus forschten Wang und seine Mitarbeiter übrigens an Sensoren, die Bakterien und Viren in der Luft feststellen können. Diese Grundlagen haben die Wissenschaftler genutzt und weiterentwickelt, damit der Sensor einen spezifischen Virus zuverlässig identifiziert. Der Sensor soll die etablierten Labortests nicht unbedingt ersetzen. Er könnte aber als alternative Methode für die klinische Diagnose genutzt werden. Er eignet sich insbesondere dazu, die Virenkonzentration in der Luft in Echtzeit zu messen, beispielsweise an stark frequentierten Orten wie Bahnhöfen oder Krankenhäusern.

Schnelle und zuverlässige Tests für Covid-19 sind dringend erforderlich, um die Pandemie möglichst bald unter Kontrolle zu bringen. Die meisten Labors verwenden die molekulare Methode „Reverse Transcription Polymerase Chain Reaction“ (RT-PCR), um Viren bei Infektionen der Atemorgane aufzuspüren. Diese etablierte Methode kann bereits winzige Mengen der Viren aufspüren, die entsprechenden Tests sind allerdings häufig zeitaufwändig.

Optischer Sensor für RNA-Proben

Die von Jing Wang und seinem Team entwickelte Testmethode arbeitet in Form eines optischen Biosensors. Der Sensor verbindet dabei einen optischen und eine thermischen Effekt, um das Virus sicher und zuverlässig aufzuspüren.

Der Sensor basiert auf winzigen Strukturen aus Gold, sogenannte Gold-Nanoinseln, auf einem Glassubstrat. Auf den Nanoinseln werden künstlich hergestellte DNA-Sequenzen aufgebracht, die zu bestimmten RNA-Sequenzen des SARS-CoV-2-Virus passen. Das neue Coronavirus ist ein sogenanntes RNA-Virus: Sein Genom besteht, nicht wie etwa bei Menschen, Tieren und Pflanzen, aus DNA-Doppelsträngen, sondern aus einem einzelnen RNA-Strang. Die künstlichen DNA-Rezeptoren auf dem Sensor sind also die Komplementärsequenzen zu den eindeutigen RNA-Genomsequenzen des Virus, die diesen eindeutig identifizieren können.

Zur Virus-Erkennung nutzen die Forscher die Technologie LSPR („localized surface plasmon resonance“). Dabei handelt es sich um ein optisches Phänomen, das bei metallischen Nanostrukturen auftritt: Diese modulieren im angeregten Zustand das einfallende Licht in einem bestimmten Wellenlängenbereich und erzeugen ein sogenanntes plasmonisches Nahfeld um die Nanostruktur. Wenn an der Oberfläche Moleküle andocken, dann ändert sich genau an dieser Stelle der optische Brechungsindex in diesem plasmonischen Nahfeld. Mit einem optischen Sensor, der sich auf der Hinterseite des Sensors befindet, lässt sich das messen. Dadurch lässt sich feststellen, ob sich in der Probe die gesuchten RNA-Stränge befinden.

Zuverlässiger durch Wärme

Damit das funktioniert, ist es wichtig, dass nur die RNA-Stränge vom DNA-Rezeptor auf dem Sensor eingefangen werden, die genau darauf passen. Hier kommt ein zweiter Effekt ins Spiel: der plasmonische photothermale Effekt (PPT). Wird dieselbe Nanostruktur auf dem Sensor mit einem Laser einer bestimmten Wellenlänge angeregt, so produziert diese Wärme.

Und wie hilft das der Zuverlässigkeit? Das Erbgut des Virus nur aus einem einzelnen RNA-Strang. Findet dieser Strang sein komplementäres Gegenstück, dann verbinden sich die beiden zu einem Doppelstrang – ein Vorgang, der sich Hybridisierung nennt. Das Gegenteil – wenn sich also ein Doppelstrang in Einzelstränge aufspaltet – wird als Schmelzung oder Denaturierung bezeichnet und geschieht bei einer bestimmten Temperatur, der Schmelztemperatur. Wenn die Umgebungstemperatur jedoch wesentlich tiefer ist als die Schmelztemperatur, können sich auch Stränge verbinden, die vollständig komplementär zueinander sind. Das kann zu falschen Testresultaten führen. Ist die Umgebungstemperatur hingegen nur leicht tiefer als die Schmelztemperatur, können sich nur noch komplementäre Stränge zusammenfügen. Und genau dies ist das Resultat der erhöhten Umgebungstemperatur, die durch den PPT-Effekt verursacht wird.

Erster Test erfolgreich

Um aufzuzeigen, wie zuverlässig der neue Sensor das Covid-19-Virus feststellt, testeten ihn die Forschenden mit einem sehr nah verwandten Virus: SARS-CoV. Dabei handelt es sich um das Virus, das 2003 die SARS-Pandemie auslöste. Beide unterscheiden sich in ihrer RNA nur geringfügig, eine eindeutige Unterscheidung ist schwierig. Das Experiment gelang: „Unsere Tests zeigten, dass der Sensor klar zwischen den sehr ähnlichen RNA-Sequenzen der beiden Viren unterscheiden kann“, sagt Jing Wang.

Finalisierung steht noch bevor

Derzeit befindet sich der Sensor noch in der Finalisierung, um später die Coronaviren-Konzentration in der Luft messen zu können. So ist noch ein System, erforderlich, das die Luft ansaugt, die Aerosole darin konzentriert und die RNA aus den Viren isoliert. „Das braucht noch Entwicklungsarbeit“, betont Wang. Doch einmal fertiggestellt, könnte sich das Prinzip auch auf andere Viren anwenden lassen. So könnte die Entwicklung dazu beitragen, künftige Epidemien frühzeitig zu detektieren und vielleicht sogar zu stoppen.