Trotz schwieriger Rahmenbedingungen wächst die Medizintechnik-Branche in Deutschland auch 2016. Das betonte der Industrieverband Spectaris anlässlich der Medica.
„Die rund 1.200 deutschen Medizintechnikhersteller setzen ihren Wachstumskurs trotz schwieriger Rahmenbedingungen auch in diesem Jahr fort“, sagt Marcus Kuhlmann, Leiter des Fachverbandes Medizintechnik beim Industrieverband Spectaris. Für 2016 rechnet der Verband mit einem Branchenumsatz von 28,3 Milliarden Euro, das entspricht einem Zuwachs von 2,5 Prozent gegenüber 2015.
Das internationale Geschäft zeigte sich dabei im bisherigen Jahresverlauf dynamischer als das Inland. Der Verband geht von einer Steigerung des Auslandumsatzes um drei Prozent auf 18,2 Milliarden Euro aus, die Prognose für das Inland liegt mit einer Steigerung um 1,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro darunter. Die Exportquote läge damit unverändert bei 64 Prozent. Auch die Beschäftigungsentwicklung sieht der Verband positiv und rechnet mit einem Anstieg von rund zwei Prozent auf über 133.000 Mitarbeiter.
Wachstum bleibt hinter Erwartungen zurück
Aufgrund der weltweit schwachen Konjunkturdynamik in 2016 bleibt die Umsatzentwicklung nach einem sehr wachstumsstarken Vorjahr in diesem Jahr etwas hinter den Erwartungen zurück. „Hier macht sich das verlangsamte Wachstum in China, nach den USA zweitwichtigster Zielmarkt der deutschen Hersteller, bei den Exporten bemerkbar. Während die deutschen Medizintechnikausfuhren nach China in den vergangenen fünf Jahren um durchschnittlich 13 Prozent pro Jahr zulegen konnten, war in der ersten Jahreshälfte 2016 nur noch ein Exportplus von knapp sechs Prozent zu beobachten“, so Kuhlmann. Die Außenhandelszahlen lassen zudem auf schwierige Geschäfte in der Türkei (minus 13 Prozent), in Japan (minus sechs Prozent) und im Vereinigten Königreich (minus drei Prozent) schließen. Besser sieht es in diesem Jahr hingegen in Russland aus. Erstmals seit 2012 liegen die deutschen Medizintechnikexporte dorthin mit plus drei Prozent wieder im positiven Bereich.
Unsicherheitsfaktor Brexit
Rund 42 Prozent der deutschen Medizintechnikexporte gehen aktuell in Länder der europäischen Union. Aus diesem Grund ist die gute Nachfrage in der EU die entscheidende Basis für das Branchenwachstum. In diesen Märkten begünstigen die Trends Gesundheit, individualisierte Medizin und Demografie die Branchenentwicklung. Einsparbemühungen der Ausgabenträger stehen der positiven Entwicklung allerdings entgegen. Die möglichen Auswirkungen des Brexit, auch auf die europäische Volkswirtschaft insgesamt, erweisen sich als ein erheblicher Unsicherheitsfaktor für die Unternehmen. Auch die gesteigerten regulatorischen Anforderungen, die aus der in Kürze in Kraft tretenden europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) resultieren, sorgen für Unsicherheit. „Durch die MDR erhöht sich der bürokratische Aufwand und Planungsrisiko für die Hersteller enorm. Insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Branche stellt dies vor eine große Herausforderung, sagt Kuhlmann und ergänzt: „Während somit in den traditionellen Märkten Unsicherheiten und bürokratischer Aufwand eher zunehmen, die das Wachstum bremsen, bieten dagegen viele Schwellenländern aufgrund von massiven Investitionen in die dortigen Gesundheitssysteme weiterhin ein großes Potenzial.“ Seiner Einschätzung nach sind deutsche Firmen international wettbewerbsfähig und profitieren von ihrem hohen Innovationsgrad, ihren hochwertigen und effizienzsteigernden Lösungen und ihrer ausgeprägten Serviceorientierung.
Wachstum für 2017
Für 2017 rechnet der Verband mit einem erneuten Umsatzplus von rund drei Prozent. Zuwächse soll es insbesondere beim Auslandsumsatz geben. „Trotz der abflauenden Marktentwicklung in China bewerten wir auch die Aussichten in Asien weiterhin als gut. Auch für Nordamerika rechnen wir mit erneuten Zuwächsen“, erläutert der Experte. Schwierig wird das Geschäft dem Verband zufolge hingegen im Inland bleiben. „Eine nachhaltige Verbesserung hierzulande erwarten wir wegen des anhaltenden Investitionsstaus im Gesundheitswesen, insbesondere im stationären Bereich, daher nicht“, so Kuhlmann. Die demografische Entwicklung bleibt weiterhin der Wachstumsmotor für die Branche. Wachstumshindernisse sind nach Ansicht von Kuhlmann hingegen die zunehmenden regulatorischen Anforderungen und die häufig zu kurzfristig gedachte Ausgabenpolitik der Gesundheitspolitik und der Kostenträger.