Personalmangel und eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Liquid Handling-Materialien – also Pipetten, Handschuhen und anderen Materialien für Blutproben oder Corona-Tests – erschweren weiterhin europaweit die Arbeit von Laboren.
Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Starlab International GmbH unter Labormitarbeitern in Deutschland, Österreich, Großbritannien, Italien und Frankreich. Befragt wurden rund 230 Labormitarbeiter, Manager und Einkäufer zur aktuellen Lage in ihrem Labor und der Versorgung mit Liquid Handling-Materialien. Die Befragten erwarten 2021 ein weiteres, schwieriges Jahr in Folge aufgrund von Personal- und Versorgungsengpässen.
Lieferungen kommen verspätet oder gar nicht
Der gestiegene Materialbedarf bedingt durch die Corona-Krise hat nicht nur Auswirkungen auf die medizinischen Labore, die mit der Auswertung von Tests und der Entwicklung eines Impfstoffs beschäftigt sind. Auch andere Labore klagen zunehmend über fehlende Materialien im Liquid Handling-Bereich. So geben 44 Prozent der europaweit befragten Laboranten an, dass sie Materialien derzeit nur verspätet oder gar nicht geliefert bekommen. In Deutschland sind es sogar über 60 Prozent.
„Wir beobachten derzeit eine angespannte Situation bei allen Laboren. Die Knappheit betrifft nicht nur Kliniken und Diagnostiklabors, die mit der Bekämpfung der Corona-Krise betraut sind“, sagt Starlab International Geschäftsführer Klaus Ambos. „Das bestätigt uns auch eine weitere aktuelle Umfrage unter unseren Sales-Verantwortlichen in Europa.“
2021 weiter angespannte Lage
Obwohl die zugelassenen Impfstoffe Hoffnung auf eine Entschärfung der Lage geben, erwartet eine Mehrheit der befragten Laboranten, dass 2021 ebenfalls ein angespanntes Jahr bleibt und die Nachfrage nach Liquid Handling Materialien noch mehr steigen könnte. 26 Prozent der Befragten gehen von einer Steigerung von rund 25 Prozent aus, acht Prozent sogar von mehr als 50 Prozent. Von einem gleichbleibend hohen Bedarf gehen 56 Prozent aus.
Als Konsequenz können Zulieferer wie Starlab bereits jetzt ähnliche Effekte beobachten wie im Einzelhandel: Kunden decken sich verstärkt mit Material ein, um in Zukunft reibungslose Arbeitsabläufe zu gewährleisten. Rund ein Drittel der befragten Labore hatten sich in den vergangenen Monaten verstärkt mit Material eingedeckt. 42 Prozent wollen mit Blick auf zukünftige Spitzen zusätzliche Materialbestände aufzubauen.
Ungleiche Materialverteilung
Fast 50 Prozent der Befragten haben zudem das Gefühl, dass Liquid Handling-Materialien derzeit schwerer zu beschaffen sind, weil medizinische Labore bei der Belieferung bevorzugt werden. In Deutschland gibt es aktuell je nach Zählung zwischen mehr als 1.700 und 2.500 Labore, die in den Bereichen Lebensmittel-, Umwelt- und Medizinanalytik tätig sind. Die aktuell deutschlandweit knapp 170 Covid-Labore, die wöchentlich rund 100.000 Tests verarbeiten, repräsentieren damit nicht einmal zehn Prozent der Laborlandschaft. Die Herausforderung: In Anbetracht dramatisch steigender Corona-Fallzahlen haben diese Labore einen immensen Bedarf an Material, den sie bei ihren Zulieferern einfordern. „Viele Laborausrüster befinden sich in einem Dilemma. Nur weil der öffentliche und gesellschaftliche Druck beim Thema Covid-19 höher ist, bedeutet dies nicht, dass andere Bereiche der Medizin darunter leiden dürfen. Bei der Materialauslieferung bemühen wir uns daher um eine ausgeglichene Bereitstellung“, erklärt Klaus Ambos.
Digitalisierung gegen Personalmangel
Neben möglichen Versorgungsengpässen, die mit 56 Prozent die Mehrheit der befragten Labormitarbeiter als größte Herausforderung betrachtet, steht auch der Mangel an Fachpersonal im Fokus. Rund 30 Prozent der Befragten sieht darin eine der größten Herausforderungen für die Branche in 2021. Die Personalkrise wird durch Corona zwar verschärft, bestand aber schon vor der Pandemie, wie Ambos weiß: „Der Mangel an Fachpersonal in den Laboren ist ein Problem, das die Branche schon länger beschäftigt. Wie auch in anderen Bereichen wirkt die Corona-Krise hier wie ein Brennglas.“
Neue Trends in Sachen Digitalisierung können Abhilfe schaffen. Labor-Informations-Management-Systeme (LIMS) zum Beispiel digitalisieren und vereinfachen Prozesse wie die Dokumentation von Proben und lassen sich mit dem gesamten Labormanagement verknüpfen. „Die Digitalisierung hat das Potenzial, Laborberufe für den Nachwuchs wieder attraktiver zu machen, weil sie die eigentliche Forschungsarbeit wieder stärker in den Fokus rückt“, so Ambos.