Kompromittierte Patientendaten bei Telemedizin-Sitzungen

24 Prozent der europäischen Gesundheitsdienstleister haben bereits Fälle erlebt, in Diagnosestellungen aus der Ferne persönliche Patientendaten kompromittiert wurden. (Foto: Elnur/123rf.com)

24 Prozent der europäischen Gesundheitsdienstleister haben bereits Fälle erlebt, in denen durch ihre Mitarbeitenden bei Diagnosestellungen aus der Ferne persönliche Patientendaten kompromittiert wurden. Das zeigen die Ergebnisse einer internationalen Studie des Sicherheitsunternehmens Kaspersky.

Kaspersky hat Entscheidungsträger im Gesundheitswesen weltweit befragt, um Einblicke in aktuelle sicherheitsrelevante Herausforderungen der Telemedizin zu ermitteln und zu analysieren. 36 Prozent der Befragten sind demnach der Ansicht, dass ihr medizinisches Personal nicht genau weiß, wie die Daten von Patienten geschützt werden sollten. Dennoch halten es 53 Prozent für wichtig, dass der Gesundheitssektor noch mehr persönliche Informationen sammelt, um die Entwicklung der Branche voranzutreiben.

Realitätsferne Schulungen

Die Studie zeigt zudem, dass nur 26 Prozent der Gesundheitsdienstleister in Europa sicher sind, dass die Mehrheit ihres medizinisch-beratenden Personals bei Fernbehandlungen weiß, wie die Daten ihrer Patienten geschützt werden. Dabei führen 67 Prozent der europäischen Gesundheitseinrichtungen spezielle Schulungen zum IT-Sicherheitsbewusstsein durch. Kaspersky sieht in diesen Zahlen einen Hinweis darauf, dass viele der durchgeführten Cybersicherheitsschulungen nicht realitätsnah genug sind, um das Personal mit den notwendigen Cybersecurity-Fähigkeiten auszustatten. Dafür müssten auch Anwendungsfälle in den Fokus gerückt werden, die den medizinischen Alltag und die damit verbundenen digitalen Gefahren bestmöglich abbilden.

Sicherheitslecks durch ungeeignete Anwendungen

Über ein Drittel der in Europa Befragten (36 Prozent) gab zu, dass für die telemedinischen Sitzungen zum Teil Apps zum Einsatz kommen, die nicht speziell für die Telemedizin entwickelt wurden. Dazu zählen zum Beispiel FaceTime, Facebook Messenger, WhatsApp oder Zoom. Die Verwendung von nicht spezialisierten Apps im Gesundheitsbereich birgt jedoch ein Risiko, wie Dr. Peter Zeggel, Geschäftsführer des Telemedizin-Anbieters arztkonsultation.de, betont: „Telemedizinische Anwendungen sind speziell für den Schutz sensibler persönlicher Daten konzipiert und zertifiziert. Wer dieses hohe Schutzniveau umgeht, riskiert den Verlust von Vertrauen, juristische Konsequenzen und hohe Bußgelder.“ „Wer unzulässige Tools einsetzt, könnte auch gegen Abrechnungsvorschriften der Telemedizin verstoßen und Funktionen wie die Integration von Patientenakten oder den sicheren Austausch von Vitaldaten verpassen“, so Zeggel weiter.

Patientendaten wichtig

Die Mitarbeitenden der Gesundheitsdienstleister halten Datenerfassung für einen der wichtigsten Aspekte bei der Entwicklung von Medizintechnik ist – trotz der bekannten Schwierigkeiten hinsichtlich Datensicherheit. Über die Hälfte der Befragten (53 Prozent) in Europa gaben in der Kaspersky-Studie an, dass die Branche mehr persönliche Daten sammeln muss, als sie derzeit besitzt, um die dafür eingesetzte Künstliche Intelligenz (KI) entsprechend mit Informationen anzureichern und eine zuverlässige Diagnose zu gewährleisten. Das bedeutet, dass Gesundheitsdienstleister ihre Cybersicherheitsmaßnahmen verstärken müssen, um sich auf eine neue Ära der digitalen Medizin vorzubereiten. 

„Um die Entwicklung digitaler Gesundheitsleistungen zu beschleunigen, müssen wir sensible Patientendaten sorgfältig kuratieren, verwalten und steuern“, sagt Professor Chengyi Lin, Affiliate Professor of Strategy an der Wirtschaftshochschule INSEAD. Diese Informationen seien auch für den Einzelnen und das Gesundheitssystem wertvoll, um die Ergebnisse zu optimieren und die Kosten zu senken. „Wir haben bereits sehr vielversprechende Ergebnisse im Rahmen der Nutzung von Big Data zur besseren Gestaltung klinischer Studien und zur Reduzierung von Zeit und Kosten identifiziert. Es gilt, moderne Technologien zu nutzen, um zum einen den Datenschutz zu gewährleisten, und zum anderen auch die Vorteile voll auszuschöpfen. Hierfür braucht es beispielsweise zusätzliche Datenschutzmaßnahmen, um die Einführung von KI zu erleichtern.“

Um das Risiko intern verursachter Vorfälle zu minimieren und neue Perspektiven für die Branche zu schaffen, sollten Organisationen des Gesundheitswesens ihre Cybersicherheitsrichtlinien auf die heutigen Bedürfnisse hin abstimmen. Dazu zählen neben Richtlinien für die Nutzung externer Dienste und Ressourcen eine durchdachte Zugangsstrategie für Unternehmensdaten und eine solide Passwortsicherheit. Zudem müssen alle diese Maßnahmen in die Praxis umgesetzt und durch umfassende Sicherheitsschulungen ergänzt werden.