Klimatransformation im Gesundheitswesen

Lara Obst ist Gründerin von The Climate Choice. (Foto: THE CLIMATE CHOICE)

The Climate Choice will Firmen die eigene Klimatransformation so einfach möglich machen und ihnen klare Handlungsfelder sowie Best-Practices zur CO2-Reduktion aufzeigen. Doch funktioniert das auch für Krankenhäuser und andere Unternehmen und Einrichtungen im Gesundheitswesen? Mednic.de sprach mit Lara Obst, Gründerin von The Climate Choice .

mednic.de: Viele Unternehmen und Einrichtungen im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, stehen unter hohem wirtschaftlichen Druck. Ist für solche Einrichtungen eine Entwicklung in Richtung Klimatransformation nicht schlichtweg zu teuer?

Lara Obst: Der vermeindliche Widerspruch von Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz besteht schon lange und wird bewusst im Konzept der „Nachhaltigkeit“ aufgebrochen. Klimarelevante Entscheidungen von Unternehmen sind heute längst wirtschaftlich getrieben und sozial wertvoll. Es zeigt sich, dass große Kosteneinsparungen zum Beispiel durch den Einsatz von dezentral erzeugter Energie, Energieeffizienzmaßnahmen, aber auch alternativer Mitarbeiter:innenmobilität zeitnah geschaffen werden. 

Zusätzlich spielen langfristige Faktoren wie eine starke Kund:innenachfrage nach klimafreundlichen Angeboten, Mitarbeiter:innenzufriedenheit und steigende Bewerber:innenzahlen, aber auch die Reduktion von Risiken und Kosten eine immer größere Rolle.

Organisationen müssen in Klimaschutz investieren

Heute können sich Organisationen also nicht mehr leisten, nicht in Klimaschutz zu investieren. In weniger als acht Jahren werden alle Unternehmen eine Klimastrategie aufzeigen müssen, um mehr als 50 Prozent ihrer Emissionen zu reduzieren. Fängt man später an, wird der Handlungsbedarf immer größer. Der Druck durch Regulatorik und veränderte Marktbedingungen führt dann – ähnlich wie bei der Digitalisierung – zu deutlichen Wettbewerbsnachteilen. Gleichzeitig ermöglicht frühzeitiges Handeln einen aktuell noch einfachen Einstieg und eine schrittweise angepasste Veränderung. 

mednic.de: Was können Krankenhäuser generell tun, wenn sie ihre Transformation in Richtung mehr Nachhaltigkeit vorantreiben wollen?

Lara Obst: Der erste Schritt ist immer die eigene Klimaperformance zu verstehen. Dabei sollte die Geschäftsführung genauso integriert werden wie Entscheider:innen aus unterschiedlichen Abteilungen und externe Stakeholder:innen. Gemeinsam gilt es zu erfassen, wo man steht und welche Strategie verfolgt werden sollte. Rahmenwerke wie die GRI, TCFD oder EU Taxonomie bieten hier zur ersten Einschätzung Ansätze, standardisierte Software-Tools oder Beratungshilfe können allerdings sehr hilfreich sein. Aus der ersten Einschätzung lassen sich Zielsetzungen zur CO2-Reduktion festlegen, dringende Handlungsfelder abteilen und Lösungsansätze für konkrete Herausforderungen aufdecken. 

Sieben Impact Kategorien

Das klingt zwar zunächst recht theoretisch, ist aber nötig, um eine klare Roadmap zu erstellen. Die einzelnen Maßnahmen sind dann recht individuell, liegen aber meistens in den sieben Impact Kategorien: Energie, Gebäude, Produktion, Mobilität, Food, Digitales und Umwelt. In diesen Bereichen lassen sich für Organisationen zukunftsorientiere Entscheidungen treffen, die sowohl für das Klima als auch für die eigene Geschäftsentwicklung relevant sind. 

mednic.de: Inwiefern kann die Digitalisierung dazu beitragen, den Wandel in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen?

Lara Obst: Praktische Beispiele aus diesen sieben Bereichen sind häufig stark mit Digitalisierung und IT verbunden. Eine Bitkom Studie von 2020 führt sogar auf, dass 50 Prozent aller notwendigen CO2-Reduktionen der nächsten zehn Jahre in Deutschland durch eine verstärke Digitalisierung umsetzbar ist. So steigert beispielsweise der Einsatz von Sensorik, IoT-Tools und digitalen Monitoring-Systeme die Energieeffizienz in Gebäuden und spart dabei durchschnittlich 20 Prozent der Betriebskosten ein. 

Die Speicherung von Daten auf klimaneutralen Servern, wie sie WindCloud oder Westfalen Wind IT anbieten, ermöglicht skalierbare, digitale Geschäftsmodelle und recycelte Elektrogeräte und IT Infrastruktur von everphone oder Green IT schaffen einen natürlichen Ressourcenkreislauf im Umgang mit Hilfsmitteln der Digitalisierung. 

„Die Kantine ist eine Quelle für vermeidbare Emissionen“

mednic.de: Beispiel Kantinenküche in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen: Schließen sich hier Kostendruck und Nachhaltigkeit nicht nahezu aus? 

Lara Obst: Die Kantine ist eine Quelle für vermeidbare Emissionen, die zahlreiche Unternehmen kennen. Dabei gilt es nicht nur die Auswahl der angebotenen Speisen zu überdenken und klimafreundliche, lokal bezogenen Lebensmittel zu verwenden. Auch der Einkauf sollte grundsätzlich umzustrukturiert werden. Hier bieten wiederum Software- und IoT-Tools die Möglichkeit Lebensmittelabfall deutlich zu reduzieren und damit neben CO2e (CO2-Äquivalente) auch deutlich Kosten. Der Anbieter Delicious Data ist auf Firmenkantinen spezialisiert und ermöglicht eine ressourcenschonendes Einkaufsmanagement in Echtzeit. Die Digitalisierung von Verbrauchsdaten in Kombination mit künstlicher Intelligenz hilft dabei, Einkaufsentscheidungen akkurat zu treffen. Gleichzeitig hilft sie dabei, Fachkräftemangel und schwankende Gästezahlen proaktiv auszugleichen. Die Kostenersparnis ist hier gewinnbringend für alle Beteiligten mit Nachhaltigkeitszielen vereinbar. 

mednic.de: Was sind die unmittelbaren Vorteile für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die sich im Bereich Klimaschutz engagieren? 

Lara Obst: Klimaschutz ist zunächst für alle Organisationen ein Mittel, um ihren Beitrag zur Erreichung der 17 internationalen Nachhaltigkeitsziele beizusteuern. Gemeinsam haben wir uns in der 2030 Agenda als Weltgemeinschaft darauf geeinigt Armut und Hunger zu bekämpfen, aber auch speziell Klimaschutz zu betreiben, um die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf deutlich unter zwei Grad Celisus zu begrenzen. Da müssen wir alle mit anpacken! 

„Frühzeitige Positionierung ist ein deutlicher Gewinn für Unternehmen“

Lara Obst

Zusätzlich ist eine frühzeitige Positionierung heute ein deutlicher Gewinn für Unternehmen, da die Umstellung leichter fällt, geringere Kosten anfallen und Kund:innen sowie Investor:innen klar positiven Impact belohnen. Eine BCG Studie macht deutlich, dass nachhaltige Produkte 5,6 Mal schneller am Markt wachsen. Gerade die junge Generation fragte diese Produkte bevorzugt nach. Außerdem wollen Jüngere in Zukunft hauptsächlich für Organisationen mit positivem Impact arbeiten. Gleichzeitig fordern Investor:innen und Regulation transparente Nachweise für Klimaschutz. Denn nur so lässt sich sicherstellen, dass zukünftige Risiken aktiv reduziert werden. Klimaschutz lohnt sich also gleich mehrfach! 

The Climate Choice ist die erste Business Plattform für die Klimatransformation. Das ClimateTeach Startup unterstützt Unternehmen dabei, ihre Klimaperformance zu verstehen, datenbasiert Handlungsfelder abzuleiten und konkrete Klimalösungen umzusetzen, um jetzt CO2 zu reduzieren. Dazu bietet das Unternehmen einen Climate Readiness Check, der Unternehmen eine Status-Quo Analyse ihrer Klimaperformance gibt und auf die kommenden Chancen und Risiken der Transformation vorbereitet. Gemeinsam mit seiner Community und validierten Partner:innen arbeitet das Team daran, jedem Unternehmen die Klimatransformation erfolgreich zu ermöglichen.