Jeder zwölfte Junge ist süchtig nach Computerspielen

8,4 Prozent der männlichen Kinder und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 12 bis 25 Jahren in Deutschland sind süchtig nach Computerspielen. Bei den Betroffenen verursacht die exzessive Nutzung von Computerspielen massive Probleme. Der Anteil der betroffenen Mädchen und jungen Frauen liegt mit 2,9 Prozent deutlich niedriger.

Eine neue Studie der Krankenkasse DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen zeigt eine deutliche Abhängigkeit bei den 12- bis 25-Jährigen, männlichen Jugendlichen. Für die repräsentative Untersuchung „Game over: Wie abhängig machen Computerspiele?“ hat das Forsa-Institut 1.531 Personen aus der Zielgruppe im Alter von 12 bis 25 Jahren befragt. Erstmals wurde in dieser Studie die Häufigkeit einer Computerspiel-Abhängigkeit in einer für Deutschland repräsentativen Stichprobe untersucht.

Grundlage sind wissenschaftliche Kriterien aus Amerika (Internet Gaming Disorder Scale). Werden mindestens fünf von neun Standardfragen mit „ja“ beantwortet, gelten die Teilnehmer laut Fragebogen als „computerspielabhängig“. „Nach der aktuellen DAK-Studie sind in der Altersgruppe der 12- bis 25-Jährigen 5,7 Prozent von einer Computerspielabhängigkeit betroffen“, sagt Professor Dr. Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Männliche Personen sind mit 8,4 Prozent deutlich häufiger abhängig als weibliche“.

Massive Probleme durch Computerspiele

Hauptergebnisse bei allen befragten Jungen und jungen Männer: Am Wochenende spielen sie im Durchschnitt fast drei Stunden pro Tag am Computer. Sechs Prozent hatten „ernsthafte Probleme mit Familie oder Freunden“ durch Computerspiele. 13 Prozent konnten das Spielen gegen den Rat anderer Menschen nicht reduzieren. 19 Prozent hatten Streit durch ihr Spielverhalten. 26 Prozent fühlten sich unglücklich, weil sie nicht spielen konnten. Befragte Mädchen berichteten nur halb so häufig oder noch seltener von derartigen Problemen.

Drogenbeauftragte beunruhigt

„Diese Zahlen der neuen DAK-Studie sind beunruhigend und zeigen, dass wir das Thema weiterhin ernst nehmen müssen“, sagt Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung. „Computerspiele sind heute Bestandteil der Alltagskultur vieler Jugendlicher und junger Erwachsener und längst nicht jede Spielerin oder Spieler hat ein Problem. Die Studie zeigt aber, dass gerade bei den 12- bis 17-Jährigen, und hier vor allem bei den Jungen, die Gefahr besteht, dass sie ihren Konsum nicht mehr kontrollieren können. Bis zu 226 Minuten an Wochentagen, das sind knapp vier Stunden!“

Soziale Kontakte leiden

Laut Untersuchung haben Computerspiele bei den Befragten häufig negative soziale Auswirkungen in verschiedenen Bereichen:
– 46 Prozent der Befragten vernachlässigen soziale Kontakte zu Freunden oder zu Familienangehörigen, die ihnen früher wichtigen waren. In der Altersgruppe der 15- bis 17-jährigen Jungen sind es mit 69 Prozent die meisten.
– 40 Prozent der Befragten haben wegen der Nutzung von Computerspielen Streit mit den Eltern. In der Altersgruppe der 12- bis 14-Jährigen Jungen sind es mit 89 Prozent die meisten.
– 16 Prozent der Befragten nehmen wegen der Nutzung von Computerspielen nicht an gemeinsamen Mahlzeiten teil. In der Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen Jungen sind es mit 34 Prozent die meisten.

Spieleindustrie kritischer bewerten

Nach Einschätzung der DAK zeigt die aktuelle Studie, dass der intensive Gebrauch von Computerspielen häufig zu Streit und Problemen in Familien führe. Frühere Untersuchungen hätten ergeben, dass bei vielen Eltern offenbar eine große Verunsicherung bei der Internetnutzung ihrer Kinder herrsche und nur selten Regeln vorgegeben würden. Der Suchtexperte Professor Dr. Rainer Thomasius plädiert deshalb für strengeren Kriterien bei den Altersfreigaben von Spielen. Die Altersfreigabe „Ab 0 Jahren“ müsse „sehr kritisch gesehen werden“. Altersfreigaben sollten frühestens ab 3 Jahren erfolgen können, so Thomasius. Bewerbungen von Angeboten für Kinder und Jugendliche mit unklarem oder erwiesenem Suchtpotential sollten unzulässig sein. Als Konsequenz aus den aktuellen Umfrageergebnissen setzt die DAK-Gesundheit ihre Aufklärungskampagne fort.

Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter www.computersuchthilfe.info oder unter www.dak.de/internetsucht.