Immer mehr Kliniken in Deutschland modernisieren ihre Operationssäle und richten so genannte Hybrid-OPs ein. Ohne gut geschultes Personal kann die teure Ausstattung in einem solchen Hightech-OP jedoch schnell zur Fehlinvestition werden, warnt jetzt ein Experte.
Ein „Hybrid OP“ erweitert den Arbeitsplatz des Chirurgen um bildgebende Verfahren wie zum Beispiel die Angiographie oder Computertomographie und stellt ihm zum Teil auch ein robotisches Assistenzsystem zur Seite. Eine solche Hightech-Ausrüstung ist jedoch zwecklos, wenn sie das Personal wegen fehlender Fortbildungen nicht bedienen kann.
Früher waren Hightech-Operationsräume vor allen in Universitätskliniken zu finden, mittlerweile gibt es sie auch in mittleren und kleinere Krankenhäusern. Professor Dr. med. Clemens Bulitta, der an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden das Institut für Medizintechnik leitet, schätzt, dass es in mehr als 200 Kliniken in Deutschland einen Hybrid OP gibt. In den kleinen Kliniken reicht das Geld zumeist nur für eine Einheit. Gefäßchirurg, Neurochirurg, Traumatologe, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg, Urologe und Allgemeinchirurg müssen sich den Raum teilen. Jeder bringt seine eigenen Ansprüche und Geräte ein. „Die interdisziplinäre Nutzung erhöht die Komplexität im Projekt“, sagt Professor Bulitta. Bereits die Planung werde zu einer Herausforderung.
Hightech-OP nur mit Masterplan erfolgreich
Die Kliniken sollten daher ausreichend Zeit und Aufwand investieren, damit der Hybrid OP die Anforderungen der Nutzer auch erfüllen kann. Professor Bulitta rät zu einem einzigen „Masterplan“, der sich am klinischen Workflow orientiert und alle Gewerke wie Medizintechnik, technische Gebäudeausstattung und Bau berücksichtigt. Building Information Modeling, also eine Gebäudedatenmodellierung, die am Computer alle Schritte durchspielt, verbessert die Planung, ist aber noch kein Standard. Pragmatisch hilft daher derzeit am besten eine Visualisierung der 2D Pläne in 3D. In den Planungsprozess sollten alle relevanten Interessengruppen umfassend einbezogen werden.
Zudem ist ein Hybrid OP für die Kliniken mit enormen Investitionskosten verbunden, die nur bei einer optimalen Auslastung amortisiert werden können. Dies kann nach Erfahrung von Professor Bulitta nur gelingen, wenn das Personal entsprechend ausgebildet ist. „Viele Kliniken denken bei der Planung nur an die Investitions- und Betriebskosten, vergessen dabei aber die Qualifizierungskosten für das Personal“, sagt der Experte. Nicht nur die Hightech-Geräte seien anspruchsvoll in der Bedienung. „Das Personal muss auch die Grundlagen der modernen Bildgebung und Nachverarbeitung, die Möglichkeiten des Strahlenschutzes, die Patientenlagerung sowie die Organisation der Bestellung und der Lagerung interventioneller Materialien kennen“, so Professor Bulitta. Auch Kenntnis in Material- und Instrumentenkunde sowie die erforderlichen Grundkenntnisse der medizinischen Aspekte der Prozeduren seien erforderlich. Nicht zuletzt seien wegen der Herausforderungen in der interdisziplinären Zusammenarbeit spezifische Kommunikationstrainings sinnvoll.
Teures Spielzeug statt Hightech-OP
Viele Operationen können nach Einschätzung des Experten nicht durchgeführt werden, wenn das Personal nicht ausreichend geschult ist. „Im schlimmsten Fall ist der Hybrid OP angefüllt mit ungenutztem teurem Hightech-Spielzeug“, warnt Professor Bulitta. Darunter leide nicht nur der Patient zu leiden, dem eine optimale Behandlung vorenthalten werde. Für die Klinik könne der Hybrid OP zudem zu einer teuren Investitionsruine werden. Vermeiden lässt sich das nach Ansicht des Experten, wenn ein Hightech-OP von Anfang an als ein Gesamtsystem mit dem darin tätigen Personal geplant werde. Auf der Medica Education Conference 2016 erläutert der Professor Bulitta, wie eine optimale Planung gelingen kann.