Wie Suchmaschinen Leben retten können

Forscher an der Ludwig-Maximilians-Universität in München entwickeln einen Ansatz, wie Suchmaschinen Hilfsangebote bei Suizidgefahr verbessern könnten. Die Empfehlungen müssten zielgerichteter als bisher eingeblendet werden.

Durch ihre Anfragen bei Suchmaschinen verraten Internetnutzer nicht nur ihre Interessen und Vorlieben, sondern häufig auch ihren gesundheitlichen Zustand. Suchmaschinen wie Google folgen daher bereits heute Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und blenden Hilfsangebote ein, etwa zur Telefonseelsorge, sobald nach bestimmten Begriffen gesucht wird, die auf eine suizidale Absicht schließen lassen.

„Das Internet spielt eine zunehmende Rolle bei der Suizidprävention“, sagt Dr. Florian Arendt vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU (IfKW). Mehrere Studien legen nahe, dass sich Selbstmorde verhindern lassen, wenn Betroffene auf entsprechende Hilfsangebote hingewiesen werden. Gemeinsam mit Dr. Sebastian Scherr vom IfKW hat Arendt untersucht, wie Suchmaschinen ihre Algorithmen verbessern könnten, um möglichst viele Betroffene zu erreichen. Ihre Pilotstudie ist aktuell in der Fachzeitschrift Health Communication veröffentlicht.

Momentan werden passende Hilfsangebote nur bei etwa 25 Prozent der Anfragen, die auf einen potenziellen Suizid hinweisen, angezeigt, wie die beiden Forscher am Beispiel von Google in einer früheren Studie herausfanden. „Damit vergeben Suchmaschinen die Chance, einer großen Anzahl gefährdeter Personen zu helfen“, sagt Sebastian Scherr. Die LMU-Kommunikationswissenschaftler schlagen nun einen Ansatz vor, der stärker berücksichtigt, in welchem Zusammenhang bestimmte Suchbegriffe eingegeben werden.

Mehr Angebote an “kritischen” Tagen

Suizide häufen sich an bestimmten Tagen im Jahr, etwa an spezifischen Wochentagen sowie zu bestimmten Feiertagen. Am Beispiel des Suchbegriffs „Vergiftung“ haben Arendt und Scherr den zeitlichen Verlauf von Google-Suchanfragen analysiert und nachvollzogen, an welchen Tagen und zu welchen Zeitpunkten dieses Wort besonders oft eingegeben wurde. Ihre Auswertung zeigt, dass die Suchanfragen genau an jenen Tagen zunehmen, an denen es auch deutlich mehr tatsächliches suizidales Verhalten gibt. „Zumindest an solchen Tagen wäre es daher in einem ersten Schritt notwendig, Hilfsangebote vermehrt anzuzeigen“, sagt Scherr. In ihrer Studie schlagen die LMU-Forscher vor, den Algorithmus von Suchmaschinen laufend auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse anzupassen, um Risikofaktoren stärker zu berücksichtigen. Die beiden LMU-Forscher sind der Ansicht, dass Google und andere Suchmaschinen mit einer gezielten Anpassung ihres Algorithmus einen stärkeren Beitrag zur Suizidprävention liefern können. „Die Betreiber von Suchmaschinen haben hier eine gesellschaftliche Verantwortung“, so Arendt.

Info:
Publikation: Arendt, Florian & Scherr, Sebastian (2016): “Optimizing online suicide prevention: A search engine-based tailored approach”. In: Health Communication 2016. http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10410236.2016.1224451