Gesundheits-Apps: Es gibt noch viel zu tun

Bereits heute ist Vielzahl von Gesundheits-Apps in Deutschland erhältlich. Doch sind diese Apps nützlich? Und wie lässt sich dieser Nutzen erkennen? Eine aktuelle Studie zeigt jetzt, dass der Markt für Gesundheits-Apps in vielen Bereichen noch am Anfang steht. Damit die Apps den Patienten echten Nutzen bringen können, müssen klare Qualitätsstandards festgelegt werden.

Die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie „Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps – CHARISMHA“, wurde am Peter L. Reichertz Institut für medizinische Informatik erstellt und ist jetzt der Öffentlichkeit präsentiert worden. Die Studienergebnisse zeigen: Der Markt für Gesundheits-Apps ist auf einem guten Weg, es gibt aber noch eine Menge zu tun. So sind bei den gegenwärtig angebotenen Apps in den Kategorien „Medizin“ sowie „Gesundheit und Wellness“ Produkte mit diagnostischem oder therapeutischem Anspruch bisher eher selten. Medizinische Apps bieten zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise für Selbstmanagement und Therapietreue sowie Prävention und Gesundheitsförderung. Umfassende Belege für den Nutzen fehlen bisher. Allerdings gibt es einzelne Hinweise darauf, dass Apps eine positive Auswirkung auf die Zunahme der körperlichen Aktivität, die Anpassung der Ernährung und die Gewichtskontrolle haben können. „Für viele sind Apps heute schon ein Ansporn, sich mehr zu bewegen, sich gesünder zu ernähren – und sie unterstützen zum Beispiel auch ‎bei der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten. Das kann vielen Menschen eine wertvolle Hilfe sein“, betont Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei der Vorstellung der Studie.

Um mehr Evidenz zu schaffen, empfehlen die Studienautoren, die weitergehende wissenschaftliche Evaluation von Präventions-Apps sowie Apps zur Diagnostik und Therapie zu fördern, Zudem sollte die ethische Diskussion zu den Folgen der neuen technologischen Möglichkeiten im Gesundheitsbereich vertieft werden. Hier könnten ethische Richtlinien für die Entwicklung, Empfehlung und Nutzung von Gesundheits-Apps entwickelt werden. Auch Vorgaben, damit Nicht-Nutzern keine Nachteile entstehen, sollten dazugehören.

Vertrauen durch Orientierungshilfen

Viele Gesundheits-Apps halten die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht ein. Bei der Datenschutzerklärung und der Einholung von Einwilligungen durch die Nutzer fehlt es oft an Transparenz. Wenn Daten im Ausland gespeichert werden, ist die Nutzung nicht dem deutschen Datenschutzrecht unterworfen. Daher empfehlen die Forscher, Datenschutzstandards weiterzuentwickeln und die Aufklärungspflichten zu erweitern.

Die heute existierenden Orientierungshilfen für Nutzer haben unterschiedliche Zielsetzungen und Konzepte. Bislang konnte sich keiner der Ansätze zum Nachweis von Qualität und Vertrauenswürdigkeit durchsetzen. Um das Vertrauen der Anwender zu stärken ihnen Orientierungshilfen zu bieten, sollten Qualitätskriterien entwickelt werden. Auch professionelle Nutzer benötigen Orientierung. Leitlinien oder Empfehlungen für professionelle Nutzer sowie die Förderung von Strukturen, die es Ärzten, Krankenkassen und weiteren professionellen Nutzern ermöglichen, geeignete Apps auszuwählen, einzusetzen und zu empfehlen, könnten hier helfen. Zwar gibt es bereits Orientierungshilfen, die Herstellern von Gesundheits-Apps einen ersten Anhalt für den Medizinproduktebereich bieten. Diese Hilfen decken jedoch nicht den gesamten Bereich der Gesundheits-Apps ab. Die Studienautoren empfehlen deshalb weitere Informationen zur qualitätsgesicherten Entwicklung und zum Zulassungsverfahren bereitzustellen.

Differenzierung bislang nicht einfach

Die Abgrenzung, welche Apps dem Medizinprodukterecht unterliegen und welche nicht, erweist sich in der Praxis noch als schwierig. Hier schlagen die Autoren eine weitere Ausarbeitung der Abgrenzungskriterien und eine Verpflichtung der Hersteller zum deutlichen Herausstellen des genauen Zwecks einer App vor.

Zudem sollte grundsätzlich überprüft werden, ob und gegebenenfalls auch wie Apps in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden sollen. Hierzu sollte auch geklärt werden, ob die Wirksamkeit von Apps in den heute üblichen klinischen Studien evaluiert werden kann oder spezielle Anforderungen formuliert werden müssten. Mit dem E-Health-Gesetz wurde geregelt, dass digitale Anwendungen, die die Versorgung verbessern, auch besser von den Kassen erstattet werden sollen.

Zudem werden über einen Innovationsfonds Projekte und Forschung mit jährlich 300 Millionen Euro gefördert, die neue Wege in der Versorgung einschlagen. Der Dialog zwischen Herstellern und Krankenkassen sollte nun verstärkt werden, um klare Regeln für Nachweis von Nutzen und Kostenerstattung für Versorgungsangebote rund um Gesundheits-Apps zu erstellen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits für App-Entwickler eine Orientierungshilfe für die Zulassung von „Medical Apps“ entwickelt. Es soll zu einer zentralen Anlaufstelle für Gründer und App-Entwickler in Deutschland weiterentwickelt werden.

Nicht zuletzt müssen ist nach Ansicht der Studienautoren für den Schutz der die internationale Zusammenarbeit wichtig, da der Markt ebenfalls international aufgestellt ist. Derzeit begleitet das Bundesgesundheitsministerium auf EU-Ebene daher die Arbeiten an einem sogenannten „Code of Conduct“. Er soll sich zu einer Selbstverpflichtung der Hersteller von Gesundheits-Apps in Bezug auf Qualität und Datenschutz entwickeln. Auch die Solidarität zwischen alten und jungen oder auch kranken und gesunden Menschen darf durch neue Technologien nicht in Frage gestellt werden. In diesem Zusammenhang hat das Bundesgesundheitsministerium angekündigt in Kürze eine Forschungsförderung im Bereich Ethik und Digitalisierung im Gesundheitswesen auszuschreiben. Die Ergebnisse der Studie stehen online zum kostenlosen Download zur Verfügung.