Genauere MRT-Auswertungen für MS-Patienten

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Die Behandlung von MS-Patienten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) verbessern wollen nun Forschende aus Medizin und Industrie. Sie entwickeln ein Analyseverfahren, das die Auswertung von MRT-Aufnahmen der bei Multiple-Sklerose-Patienten so wichtigen Verlaufskontrolle verbessern und vereinfachen soll. 

Für die Entwicklung des neuen Analyseverfahrens arbeiten Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und zweier mittelständischer Unternehmen zusammen. Das Projekt hat den Namen „Entwicklung und Integration einer neuen Magnetresonanz-Analysemethode zur Beurteilung der Erkrankungsaktivität bei Patienten mit Multipler Sklerose“. Es ist eines von neun Modellprojekten die das Ministerium für Wirtschaft, Arbeiten und Wohnungsbau Baden-Württemberg im Rahmen des Wettbewerbs „KI für KMU“ mit insgesamt 2,5 Mio. Euro fördert.

Bei der Multiple Sklerose (MS) kommt es zu Entzündungen im Gehirn, die zu dauerhaften Schäden und neurologischen Beeinträchtigungen führen. Für die Behandlung von MS-Patienten ist es besonders wichtig, den Krankheitsverlauf kontinuierlich zu verfolgen. Nur so können Ärzte die Therapie des einzelnen Patienten zielgerichtet steuern und damit klinische Defizite im Verlauf der Erkrankung so weit wie möglich verhindern.

Aufnahmen des Gehirns mittels Magnetresonanztomographie (MRT) sind ein wichtiger Teil der Therapiekontrolle. Sie werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt und auf Gewebeveränderungen hin ausgewertet. Diese Auswertung der komplexen Aufnahmen im Zeitverlauf ist jedoch sehr anspruchsvoll und erfordert viel Erfahrung des behandelnden Arztes.

Vorhandenes Verfahren zu rechenintensiv

Ein Verfahren, das sozusagen auf Knopfdruck eine exakte Auswertung der MRT-Aufnahmen im Zeitverlauf liefert, würde die Versorgung von MS-Patienten vereinfachen und verbessern. Mit der sogenannten Voxel Guided Morphometry (VGM) gibt es bereits eine Technik, die selbst bei stark geschädigten Gehirnen Veränderungen im Zeitverlauf erfasst und in einer Art Landkarte des Gehirns abbildet. Die Verarbeitung der riesigen Datenmengen erfordert jedoch enorme Rechenkapazitäten. Aus diesem Grund wird die Methode bislang nur in der Forschung eingesetzt.

KI für sekundenschnelle Ergebnisse

Das neue Verfahren soll hier Abhilfe schaffen. Dazu setzen die Projektpartner auf KI. Sie soll es ermöglichen, dass die anfallenden Bilddaten sekundenschnell – anstatt wie bislang in 20 bis 30 Minuten – ausgewertet werden können. Auch kleinste Gewebeveränderungen im geschädigten Gehirn sollen dank des Systems sicher erfasst werden können.

Um aus zeitlich aufeinanderfolgenden MRT-Bildern möglichst perfekte VGM-Karten erstellen zu können, muss das KI-basierte System erst einmal trainieren. Hier kommen Trainingsdatensätze zum Einsatz, die Informationen realer MRT-Aufnahmen sowie die daraus berechneten VGM-Karten von mehr als 200 MS-Patienten enthalten. Das KI-System trainiert sich, indem es auf Basis der MRT-Daten selbst eine VGM-Karte entwirft und diese mit der bereits berechneten VGM-Karte vergleicht. So soll sich das System schrittweise selbst perfektionieren– und perfektioniert sich schrittweise selbst, indem es sich dem vorgegebenen Ergebnis immer weiter annähert. Die Wissenschaftler überprüfen den Trainingserfolg. Auf diese Weise wird ein KI-Algorithmus entwickelt, der anschließend in eine benutzerfreundliche Software integriert wird, die beispielsweise auch von Arztpraxen genutzt werden kann.

Präzise Diagnostik für niedergelassene Neurologen

Durch das KI-gestützte Analyseverfahren wollen die Partner die VGM-Methode flächendeckend zum Einsatz bringen und damit auch niedergelassenen Neurologen eine schnelle und ausgesprochen präzise Diagnostik ihrer MS-Patienten zu ermöglichen. „Das web-basierte Verfahren kann millimeterkleine Veränderungen im Gehirn nachweisen, die selbst unserem geschulten Auge entgehen würden, und bereitet sie so auf, dass auch der Nicht-Spezialist sie deuten kann“, sagt Professor Dr. med. Achim Gass, Inhaber der Professur für Neurologische Bildgebung an der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM).

Als Partner an dem Projekt beteiligt sind die Computerunterstützte Klinische Medizin und die Neurologische Bildgebung der Neurologischen Klinik der UMM sowie die Entwickler des VGM-Algorithmus Andreas Dabringhaus und Matthias Kraemer. Weitere Partner sind das Unternehmen Mediri GmbH, Heidelberg, das als Softwarefirma auf innovative Lösungen im Bereich der medizinischen Bildgebung spezialisiert ist, und die MedicalSyn GmbH, Stuttgart, als Entwickler von medizinischen Erfassungs- und Datenbanksystemen.