Digitales Therapie-Tool für Autismus-Patienten

Digitales Therapie-Tool im Einsatz
Digitales Therapie-Tool für Autismus-Patienten (Foto: ITK Engineering GmbH)

Mithilfe einer webbasierten App können Patienten mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) jetzt anhand von Video- und Audiomaterial 40 verschiedene Emotionen über die Mimik und Stimme erkennen lernen.

Die Humboldt-Universität zu Berlin hat gemeinsam mit dem Unternehmen ITK Engineering GmbH als technischem Partner das neue, digitale Trainingstool entwickelt. Das Tool ist Teil der größten Therapiestudie zu sozialen Problemen bei Erwachsenen mit Autismus.

Annahmen gehen davon aus, dass weltweit bis zu zwei Prozent der Bevölkerung von einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) betroffen sein könnten. Viele der Betroffenen haben Schwierigkeiten, soziale und emotionale Signale ihrer Mitmenschen zu erkennen und sind als Folge sozial gestresst und isoliert. 

Um ihnen dabei zu helfen, Emotionen zu erkennen und zu verstehen, hat die Humboldt- Universität gemeinsam mit der Uniklinik Freiburg und sechs weiteren universitären Partnern in Deutschland vor kurzem die bis dato größte klinische Studie mit Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung gestartet, die die soziale Kernsymptomatik fokussiert. Das Unternehmen ITK Engineering ist als technischer Entwicklungspartner für das digitale Trainingstool „Eva“ beteiligt – „Eva“ steht dabei für „Emotionen verstehen und ausdrücken“.

Patienten erlernen, Gefühle zu erkennen

„Das digitale Trainingsprogramm soll uns dabei helfen, die Versorgungssituation von Erwachsenen mit Autismus erheblich zu verbessern. Derzeit gibt es so gut wie keine evidenzbasierten therapeutischen Angebote für diese Patientengruppe“, sagt Professorin Isabel Dziobek, Leiterin der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie Sozialer Interaktion der Berliner Humboldt-Universität. „Ziel der Studie ist es, Emotionen in ihren verschiedenen Facetten besser verstehen zu lernen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu kompetenteren sozialen Begegnungen im Alltag. Das wird wiederum zu erfolgreicher Inklusion nicht nur in soziale, sondern beispielsweise auch Arbeitssettings führen.“ Gerade in Zeiten von Kontaktbeschränkungen wegen des COVID-19-Virus’ sind digitale Therapiemöglichkeiten eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Einzel- und Gruppentherapien.

Professionelle Schauspieler als Darsteller

Professionelle Schauspieler haben 40 verschiedene Gefühle wie Freude, Ärger oder Enthusiasmus durch Gesichtsausdruck, Stimme sowie in kurzen Szenen sozialer Interaktionen dargestellt. Im Laufe der Studie sollen nun 360 Patienten im Autismus-Spektrum mit einer appbasierten Trainingssoftware diese Gefühle über Video- und Audioaufnahmen kennen- und lesen lernen. Der Erfolg dieser digitalen Therapieform wird dann mit einer Gruppentherapie verglichen, um die Effektivität beider Behandlungsansätze nach den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin zu belegen. Die Studie wird an sechs Klinken in Deutschland durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.