Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Frühverrentung. Ob digitale Therapieangebote helfen können, beruflich wieder einzusteigen, untersucht eine Studie des Bildungs- und Gesundheitsunternehmens SRH in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD).
Wer nach einem komplizierten Knochenbruch schon einmal in die Reha musste, weiß, wie mühsam der Weg zurück ist. Doch auch nach psychischen Erkrankungen kann der Weg ins normale Leben sehr schwer sein. 2020 hatten 41,5 Prozent der Erwerbsminderungsrenten eine psychische Ursache, berichtet die Deutsche Rentenversicherung (DRV). Die DRV Baden-Württemberg fördert jetzt eine Studie, die untersucht, wie effektiv durch digitale Nachsorge-Programme unterstützte Betroffene beruflich Fuß fassen können.
Beim Neuanfang im Arbeitsleben hilft eine berufliche Rehabilitation, etwa in Rehaeinrichtungen für psychisch Kranke (RPK). Hier unterstützen Experten aus Medizin, Therapie und sozialer Arbeit die Betroffenen, von denen etwa zwei Drittel anschließend in eine Berufstätigkeit oder Ausbildung einsteigen. Doch die Herausforderung ist oft, die Erkenntnisse aus der Reha dauerhaft im Berufsalltag umzusetzen.
Nutzen der Nachbetreuung
Dafür werden unter anderem digitale Nachbetreuungen eingesetzt. Über eine Online-Plattform absolvieren die Teilnehmenden regelmäßig Übungen, tauschen sich im Chat mit ihrer Reha-Gruppe aus und bleiben mit Therapeuten in Kontakt. So ist Hilfe schnell greifbar. „Erste Erfahrungen zeigen, dass eine digitale Nachbetreuung die Erfolge der Therapie stützen und Rückfälle verhindern kann. Bisher wurde jedoch nicht wissenschaftlich untersucht, wie groß und nachhaltig die Effekte sind“, erklärt Dr. Gustav Wirtz, ärztlicher Leiter der SRH RPK in Karlsbad-Langensteinbach. Dafür haben Dr. Wirtz und sein Team eine Studie gestartet, zusammen mit der Forschungsstelle für Psychotherapie (FOST) des Instituts für Psychosoziale Prävention am UKHD.
Rund 160 Reha-Teilnehmende der DRV Baden-Württemberg erhalten ein Jahr lang Zugang zu diesem digitalen Nachsorgeprogramm namens „Way to Work“. Voraussetzung ist, dass sie mindestens sechs Monate in einer beruflichen Reha sind und eine Rückkehr ins Arbeitsleben geplant ist. Die Teilnehmenden kommen aus den Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitsunternehmens SRH. Die Stiftung betreibt neben der RPK Karlsbad mehrere Zentren für berufliche Rehabilitation in Deutschland.
18-monatige Begleitung
„Die Teilnehmenden der Studiengruppe werden nach Ende der beruflichen Reha jeweils 18 Monate begleitet und regelmäßig zu ihrer aktuellen Entwicklung befragt. So können wir langfristige Effekte auswerten und vergleichen“, erklärt PD Dr. Stephanie Bauer, Leiterin der FOST, die die Studie wissenschaftlich begleitet. Untersucht wird, ob die Teilnehmenden mit Hilfe der Nachbetreuung beruflich besser Fuß fassen, gesünder sind und ob sich damit ihre Lebensqualität erhöht. Eine Kontrollgruppe wird zum Vergleich wie bisher betreut. Wissenschaftliche Fachkräfte der FOST unterstützen bei der Durchführung und werten die Daten aus.
Die Studie läuft bis Ende 2026, dann werden erste Ergebnisse vorliegen. Geplant ist, mithilfe der Erkenntnisse die digitale Nachsorge in weiteren Einrichtungen zu etablieren und so die Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen insgesamt zu verbessern.