Auf dem diesjährigen DigiMed Bayern-Symposium diskutierten die Partner gemeinsam mit Referenten aus internationaler Politik, medizinischer Forschung und Industrie über Projektbeispiele für P4-Medizin, Infrastruktur- und Pilotprojekte zur Nutzung digitaler Gesundheitsdaten und über Deutschlands Position im Bereich der digitalen Gesundheit.
Die Münchner BioM Biotech Cluster Development GmbH und das Deutsche Herzzentrum München veranstalteten das jährliche DigiMed Bayern Symposium am 6. Oktober 2022 im Genzentrum München. Aktuelles Motto: „Big Data and AI: Can Medicine Do the Doable?”.
Ziel P4-Medizin
Das bayerische Leuchtturmprojekt DigiMed Bayern hat das Ziel, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu verhindern und steht für eine datenbasierte Personalisierte Medizin – am Beispiel der Volkskrankheit Atherosklerose. Das seit 2018 inzwischen nun mit einem Gesamtvolumen von 24,5 Millionen Euro vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderte Leuchtturmprojekt verfolgt die sogenannte P4-Medizin. Ziel ist eine für den Patienten personalisierte (zugeschnittene), präventive (vermeidende), prädiktive (vorhersagende) und partizipatorische (teilnehmende) Medizin der Zukunft.
Bayerns Staatsminister für Gesundheit und Pflege Klaus Holetschek hieß das Publikum in einer Videobotschaft willkommen und betonte die Bedeutung des Projekts und die Nutzung personenbezogener Gesundheitsdaten für die biomedizinische und medizintechnische Forschung, Entwicklung und Innovation in Bayern: „Mit großer Überzeugung fördern wir das Leuchtturmprojekt DigiMed Bayern. Denn die P4-Medizin gilt als eine der weltweit erfolgversprechendsten medizinischen Entwicklungen unserer Zeit und ermöglicht eine personalisierte und damit eine verbesserte Gesundheitsversorgung der Bürger. Immer mehr medizinische Information wird digitalisiert. Innovative Technologien für Big Data und Künstliche Intelligenz helfen uns, gesundheitsrelevante Daten nutzbar zu machen und sinnvoll einzusetzen! Wichtig ist, dass wir ein gesamtgesellschaftliches Einverständnis haben und die Akteure unseres Gesundheitssystems gemeinsame Ziele verfolgen.“
Potential der Digitalisierung
Das DigiMed Bayern Symposium beleuchtete in diesem Jahr in drei Sessions das Potential der digitalen Medizin: Von der bereits erfolgreichen Nutzung von Gesundheitsdaten der VRONI-Studie zur Prävention genetisch bedingter Früherkrankungen bei Kindern über die mobile Gesundheitsapp „HerzFit“, die Nutzern das Management der Herzgesundheit partizipatorisch ermöglicht. Ferner wurden P4-Medizin-Projekte vorgestellt, die eine personalisierte Medizin anhand Einbeziehung klinischer und Omics-Daten sowie Daten aus epidemiologischen und klinischen Studien ermöglichen sollen. Sowohl ethisch als auch rechtlich wurde der verantwortungsbewusste Umgang mit personenbezogenen und digitalisierten Gesundheitsdaten erörtert.
Auch Professor Heribert Schunkert, Direktor Deutsches Herzzentrum München und wissenschaftlicher Leiter von DigiMed Bayern, ist überzeugt: „Wenn wir die Digitalisierung in der Medizin richtig nutzen, hat deren Anwendung enormes Potential für eine erfolgreiche Implementierung der P4-Medizin zum Wohl der Patienten. Dieses Symposium hat noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig dieser Schritt ist und welche Vielzahl an Möglichkeiten er einer zukünftigen Medizin eröffnet.“
Rahmenbedingungen für Cloud-Infrastruktur
In der Session „Infrastructure & Pilot Projects” wurde die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für biomedizinische Forschung, Entwicklung und Innovation in Bayern erörtert. Weltweit nimmt der Einsatz von Cloud-Lösungen für die Speicherung und Nutzung der Daten für Wissenschaft und Wirtschaft zu. Die Teilnehmer diskutierten daher über die notwendigen Rahmenbedingungen einer nachhaltigen und sicheren Cloud-Infrastruktur.
Gesundheitsmarkt im internationalen Vergleich
In der dritten und letzten Runde, „Internationales Benchmarking”, teilten die Referenten ihre Ansichten und Erfahrungen aus der Sicht der Juristen, Dienstleister und Pharmaunternehmen. Der Beitrag von IT-Dienstleister Amazon Web Services eröffnete einen Blick auf den deutschen Gesundheitsmarkt im internationalen Vergleich. Finnland als ein führendes Land der EU skizzierte seinen Weg zu einem notwendigen gesetzlichen Rahmen. Ergänzt um die Perspektive der forschenden Pharmaindustrie, wurde deutlich, dass Deutschland gegenüber anderen Ländern der EU in diesem Feld aufzuholen hat.
Das nächste DigiMed Bayern Symposium ist für Ende 2023 geplant.
Die Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist eine angeborene Störung des Lipidstoffwechsels, die unbehandelt schon in jungen Jahren schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen hervorrufen kann. Man geht in Deutschland von über 270.000 Trägern des Gendefektes aus, von denen nur weniger als ein Prozent diagnostiziert sind. Bei FH lagert sich bereits in jungen Jahren Cholesterin an den Wänden der Blutgefäße ab. Unerkannt und unbehandelt kann dies schon im frühen Erwachsenenalter zu Gefäßverschlüssen, Herzinfarkten und Schlaganfällen führen. Das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis ist um das 5- bis 20-fache erhöht.
Die Vroni-Studie soll in Bayern ein flächendeckendes Screening bei Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren zur Frühdiagnose der FH implementieren und evaluieren. Sie wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) unterstützt.