Bessere Medizinprodukte nur mit Patientendaten

BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll
BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll: „Digitale MedTech-Innovationen produzieren, nicht importieren!“ (Foto: BVMed)

Um Schwachstellen in der medizinischen Versorgung aufzudecken oder neue Systeme zu entwickeln, benötigen die deutschen Medizinprodukte-Hersteller Zugang zu anonymisierten Patientendaten, sagt der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed).

Der BVMed fordert einen adäquaten Zugang der Medizinprodukte-Unternehmen zu versorgungsrelevanten und medizinischen Daten. „Um Medizinprodukte neu zu entwickeln oder bestehende Produkte weiter zu verbessern, müssen unsere MedTech-Unternehmen einen Zugang zu Patientendaten haben“, unterstreicht BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll im Vorfeld einer Anhörung zum Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG). „Wir wollen digitale MedTech-Innovationen produzieren, nicht importieren!“ Bislang ist ein Datenzugang für die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft im Referentenentwurf zum PDSG nicht vorgesehen.

„Daten sind die Bodenschätze von morgen. Wenn Deutschland ein zukunftsfähiger Industriestandort bleiben will, braucht es jetzt den politischen Willen und die entsprechenden Weichenstellungen, diese Schätze auch industriell heben zu wollen“, so Möll. Der BVMed hat deshalb das Positionspapier „Mehr Nutzen für die Gesundheitsversorgung durch den Zugang zu Daten für Medizinproduktehersteller“ (PDF-Download) vorgelegt, um klarzustellen, wofür Medizinprodukte-Hersteller welche Daten für welchen Gesundheitsbereich im Sinne einer besseren Patientenversorgung benötigen. „Mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist es möglich, medizinische und versorgungsrelevante Daten in großem Umfang zu erheben, zusammenzubringen und auszuwerten, wodurch neue Potenziale für die Gesundheitsversorgung entstehen“, heißt es in dem BVMed-Papier.

„Für die Entwicklung von Produkten benötigen die Hersteller je nach Art des Produktes einen Überblick über präventive, ambulante oder stationäre Daten sowie Daten aus der Rehabilitation“, erläutert BVMed-Digitalexpertin Natalie Gladkov. Diese finden sich in den verschiedenen Informationsquellen der ambulanten, stationären und pflegerischen Versorgung, wie beispielsweise Entlassbrief, Medikationsplan, Diagnostische Untersuchungsbefunde, medizinische Dokumentation und elektronische Patientenakte (ePA), wieder.

Anonymisierte Daten aus der Routineversorgung

Zur Weiterentwicklung beispielsweise von Endoprothetik-Implantaten benötigen die Hersteller anonymisierte Patientendaten aus der Routineversorgung zu Prozeduren mit den entsprechenden Produkten. Wichtig seien neben den Prozedurdaten die BQS/IQTIG-Daten zur Einschätzung des Behandlungserfolges sowie Daten zur Nachverfolgung der klinischen Outcomes und Beurteilung der „Patient Reported Outcomes“. Auch für die Entwicklung von KI-Lösungen bedarf es spezieller medizinischer Daten. Mit Machine Learning können Daten über den Behandlungsverlauf der Patienten bewertet werden und über eine Mustererkennung Hinweise zur Vermeidung unerwünschter Ereignisse gegeben werden. Dafür braucht man strukturierte Daten aus historischen Fällen.

Eine bessere Datennutzung durch die MedTech-Branche würde neben der Verbesserung von Bestandsprodukten zur Entwicklung von patientenspezifischen und outcome-fokussierten neuen Angeboten beitragen. „Mit der Darlegung von Behandlungspfaden zu einzelnen medizinischen Indikationen über Sektorengrenzen hinweg könnten Schwachstellen in der medizinischen Versorgung aufdeckt, neue Wege in der Behandlung eröffnet und stärker präventive Maßnahmen sowie Frühwarnsysteme gefördert werden“, verdeutlicht Gladkov den Standpunkt des BVMed.