App warnt personalisiert vor Stress

Die geräteunabhängige und selbstlernende Cello-App soll personalisiert in Stresssituationen warnen und Angebote zur Stressreduktion unterbreiten. (Foto: vdG/UKJ)

Ärzte, Psychologen und Informatiker wollen eine selbstlernende und geräteunabhängige App entwickeln, die das momentane Stresslevel einer Person individuell erkennen und sie darauf hinweisen kann. Der smarte Helfer soll nicht nur stressauslösende Faktoren bewusst machen, sondern zusätzlich personalisierte Angebote zur Stressreduktion unterbreiten.

Die Ärzte, Psychologen und Informatiker haben sich im Kooperationsprojekt Cello zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, die Praxistauglichkeit der von künstlicher Intelligenz unterstützten Interaktion von Mensch und Gerät für Gesundheitsanwendungen zu testen. „Pling! – Fühlen Sie sich im Moment unter Druck? – Wollen Sie bei einigen Atemübungen entspannen?“, so könnte sich die Cello-App bei Träger oder Nutzerin melden, wenn der Fitnesstracker oder Smartwatch mit der App auffällige Werte misst. Auf solchen Wearables wollen die Projektpartner ihre App später installieren, damit sie von den Anwendern bequem genutzt werden kann.

Das Team startet jetzt die Entwicklungsarbeit an dem System, das Methoden des maschinellen Lernens nutzt. „Zunächst werden wir aufwendige Studien zur Erfassung von Stressfaktoren und zur Charakterisierung individueller Stressunterschiede planen und durchführen, um in sehr genauen Messungen die Trainingsdaten für den Algorithmus zu erzeugen“, sagt Prof. Dr. Martin Walter. Der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena koordiniert das Projekt und leitet die Studien. Darin werden neben detaillierten Interviews physiologische Parameter wie Puls, Atemfrequenz, EKG und Hautwiderstand, Daten aus EEG- und MRT-Messungen sowie genetische und hormonelle Daten erfasst.

Stressmarker als Referenzsystem

Diese genauen Stressmarker dienen als Referenzsystem für die von den Fitnesstrackern gemessene Herzfrequenzvariabilität. Letztere lässt nach, wenn das Stresslevel über längere Zeit erhöht ist. „Dem kann man zum Beispiel mit Biofeedback-Training entgegenwirken und die Herzfrequenzvariabilität steigern“, so Prof. Dr. Veronika Engert vom Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie am Uniklinikum Jena. Sie wird im Projekt Studiendaten zur Wirksamkeit dieses Trainings sammeln. Denn das System soll personalisiert auf das Stresslevel aufmerksam und außerdem individualisierte Empfehlungen geben.

Parallel zu diesen Studien entwickeln IT-Spezialisten der Universität des Saarlandes, des Fraunhofer Instituts für Grafische Datenverarbeitung in Rostock und der mHealth Pioneers GmbH in Berlin den maschinellen Lernalgorithmus, die Schnittstelle zum Fitnesstracker und die Software-Oberfläche für die App. Deren Rohversion soll dann mit den Studiendaten trainiert werden. Besondere Herausforderungen hier sind neben der Einbindung der verschiedenen Gerätestandards, die Berücksichtigung der verschiedensten Alltagssituationen und der Datenschutz.

Feldstudien in Planung

Auch Feldstudien sind geplant, sobald die Entwicklungsarbeiten abgeschlossen sind. Hierbei sollen Testnutzer handelsübliche Smartwatches tragen und in den Dialog mit der App treten. Mit jeder Rückmeldung des Nutzers soll die Software ihn besser kennenlernen. Ziel ist es, dass die App personalisiert genau in den richtigen Situationen warnt, immer bessere Prognosen erstellt und passgenauere Hilfsangebote unterbreitet.

Geräteunabhängiges Tool

Anhand des Lernverhaltens der App und der Treffsicherheit ihrer Warnungen und Vorschläge soll dann dann schrittweise die Kalibrierung und Optimierung des Systems erfolgen. Prof. Walter: „Mit der Cello-App wollen wir ein einfaches und geräteunabhängiges Tool zum personalisierten Stressmonitoring entwickeln.“ Allein das Bewusstmachen stressauslösender Faktoren sei ein Gewinn für die Nutzer. Mithilfe von künstlicher Intelligenz und im Dienst der Gesundheit soll die App den Dialog von Mensch und Maschine vermitteln.