Erst Corona und dann Diabetes

Ulmer Corona-Forschende
Ulmer Corona-Forschende: (v.l.): Rüdiger Groß, Carina Conzelmann, Professor Martin Wagner, Jana Krüger, Professor Alexander Kleger, Dr. Sandra Heller, Professor Jan Münch und Dr. Janis Müller (Foto: Elvira Eberhardt/Universität Ulm)

Forschende der Ulmer Universitätsmedizin konnten in einer Studie nachweisen, dass SARS-CoV-2 bei gravierenden Krankheitsverläufen die insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse infiziert. 

Dies erklärt möglicherweise das Auftreten von Diabetes-ähnlichen Krankheitssymptomen von COVID-19-Patienten sowie die Verschlechterung des Zuckerstoffwechsels bei coronakranken Diabetikern.

„Bei Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung, gibt es immer wieder Verläufe, bei denen auch die Regulation des Blutzuckerspiegels gestört ist“, erklärt Professor Martin Wagner, Leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Ulm. So treten bei schweren Krankheitsverläufen häufiger Symptome auf, wie sie typischerweise bei Diabetes mellitus vom Typ1 zu finden sind, der auf Insulinmangel zurückzuführen ist. Die Symptome reichen von Hyperglykämie, also einer gravierenden Überzuckerung, bis hin zu einer Übersäuerung des Blutes, die Ketoazidose. Weitere Studien berichten dazu über Verschlechterungen bekannter Diabetes mellitus Erkrankungen nach durchgemachter COVID-19 Erkrankung.

Gestörte Insulin-Ausschüttung

In der Ulmer Studie wurde untersucht, wie es bei COVID-19-Patienten zu diesen Diabetes-typischen Symptomen kommen könnte. Dafür haben die Forschenden Gewebe aus der Bauchspeicheldrüse mit SARS-CoV-2 in Kontakt gebracht und so herausgefunden, dass sich die sogenannten Langerhans‘schen Inseln mit dem Coronavirus infizieren lassen. In diesen Strukturen sitzen die insulinproduzierenden Beta-Zellen.

Mit ihren Experimenten konnten die Wissenschaftler zudem aufzeigen, dass sich infiziertes insulinproduzierendes Gewebe in Form und Funktion entscheidend verändert. Die Ausschüttung des lebenswichtigen, Blutzuckerspiegel-regulierenden Hormons wird gestört.

Lang andauernde Infektion

Ein weiterer Befund war für das Forscherteam ebenfalls höchst aufschlussreich: Bei Autopsien an verstorbenen COVID-19-Patienten zeigte sich eine SARS-CoV-2-Infektion des Pankreas. Die durchgeführten Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Coronavirus nicht nur außerhalb der Lunge aktiv ist und andere Organe infiziert, sondern dass diese Infektionen häufiger und andauernder sind als bisher angenommen. 

Noch offen ist die Frage, ob die akut auftretenden Beeinträchtigungen der Insulinproduktion bei COVID-19-Patienten langfristig zu einer Diabetes-Erkrankung führen können. Dies müsse durch weitere Studien ermittelt werden.