Den weltweit ersten implantierbaren Miniatur-Kernspintomographen haben Neurowissenschaftler und Elektroingenieure aus Deutschland und der Schweiz entwickelt. Er bietet die Funktionalität eines Magnetresonanztomographen (MRT) auf einem winzigen Chip.
Die Entwicklung der Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik und der Universität Stuttgart liefert erstmals hochauflösende Daten zur neuronalen Aktivität im Gehirn. Die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Methods vorgestellte Erfindung ermöglicht die Kombination räumlicher Informationen zur Hirnphysiologie mit Erkenntnissen zu Wechselwirkungen von Nervenzellen in Echtzeit. Die haarfeine Sonde besteht aus einem winzigen Magnetresonanztomographen. Sie bietet die Vielseitigkeit bekannter räumlicher MRT-Analysen und gleichzeitig die Genauigkeit eines implantierbaren Sensors, der an einem Punkt im Gehirn neuronale Ereignisse in Echtzeit messen kann.
Grenzen klassischer Hirnscan-Methoden gesprengt
Damit haben die wissenschaftliche Arbeitsgruppe um Klaus Scheffler vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik und der Universität Tübingen sowie Jens Anders von der Universität Stuttgart einen technologischen Brückenschlag geschafft, der die bisher eng gesetzten elektrophysikalischen Grenzen klassischer Hirnscan-Methoden sprengt.
„Unser neuartiges Konzept, einen Kernspinresonanzdetektor auf einem winzigen Chip unterzubringen ermöglicht es uns, die typischen elektromagnetischen Störungen von Magnetresonanzsignalen erheblich zu verringern und viel feinere und sowohl zeitlich als auch räumlich hochaufgelöste Daten zu erhalten“, so die Forscher. Auf diese Weise können die Neurowissenschaftler erstmals sehr präzise Informationen aus winzigen Bereichen des Gehirns generieren und mit bildgebenden Informationen zur Hirnphysiologie kombinieren. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie mit der neuen Entwicklung spezifische Aktivitäten und Funktionalitäten im Gehirn sehr viel besser verstehen und auch Unregelmäßigkeiten von Hirnfunktionen ausmachen können.
Hoffnungsträger
Die Erfindung könnte künftig dafür sorgen, Mechanismen oder Aktivierungsmuster neuronaler Aktivität bis hin zu spezifischen, insbesondere krankhaften, neuronalen Funktionen im Hirngewebe zu entdecken, so die Hoffnung der Wissenschaftler. „Unsere Sonde ist technisch auch skalierbar, d.h. es besteht die Möglichkeit, Daten aus mehr als einem einzigen Bereich des Gehirns zu erfassen. So zum Beispiel aus angrenzenden Hirnarealen – dies aber auf demselben winzigen Implantat“, erläutert Scheffler. Durch die Skalierbarkeit der verwendeten Technologie können Anders zufolge zudem weitere Messmodalitäten wie etwa elektrophysiologische oder optogenetische Sensoren im selben Implantat integriert werden.
Die Wissenschaftler hoffen, dass ihr technischer Ansatz dazu beitragen kann, die komplexen physiologischen Prozesse neuronaler Netzwerke des Gehirns präzise zu erfassen und zusätzliche Merkmale zu entdecken, die noch tiefere Einblicke in die komplexe Funktionalität des Gehirns ermöglichen.