Wie Digitalisierung das Ansehen der Pflege steigern kann

Kate Berghaus war jahrelang in der Pflege tätig. (Foto: Telekom Healthcare Solutions)

Die Corona-Krise hat noch einmal gezeigt, welch wertvollen Beitrag Menschen in der Pflege jeden Tag leisten und mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben. Kate Berghaus kennt sie aus erster Hand. Die gebürtige Britin war selbst jahrelang Krankenpflegerin und ist heute Produktmanagerin bei Telekom Healthcare Solutions. In ihrem Gastbeitrag erläutert sie, warum das Ansehen der Pflegeberufe mit der Digitalisierung erheblich steigen kann.

Gastbeitrag von Kate Berghaus

Früher in der Pflege, dann ein Abstecher in die IT, heute beim Technologiekonzern – mein Werdegang ist eher ungewöhnlich. Wie es dazu kam?Ich habe 1989 meine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin in Bristol abgeschlossen. Nach der Ausbildung habe ich Deutsch und Italienisch studiert, im Anschluss ein Management-Trainee-Programm beim Nationalen Gesundheitsdienst NHS absolviert und danach als Projektmanagerin bei Caspe Research in London gearbeitet. Aufgrund der beruflichen Tätigkeit meines Mannes sind wir im Laufe der Jahre häufig international umgezogen und sind 2003 schließlich in Deutschland heimisch geworden. Hier habe ich wieder auf einer Intensivstation in der Pflege gearbeitet. Das fühlte sich an wie eine Landung auf dem Mars.

Wertvolle Erfahrung

Warum? In Großbritannien ist es in der Pflege üblich, dass auch von Pflegenden Tätigkeiten übernommen werden, die in Deutschland den Ärzten vorbehalten sind. Examinierte Pflegekräfte dürfen mit einer entsprechenden Ausbildung zum Beispiel intubieren und extubieren oder Verletzungen in der Notaufnahme selbst behandeln. Die Pflege ist in Großbritannien als eigenständige Fachrichtung mit spezialisiertem Wissen sehr anerkannt und wird von der Pflegekammer ‚Nursing and Midwifery Council‘ als eigenständiger Beruf unterstützt. Ich habe dreieinhalb Jahre in Deutschland auf einer Intensivstation gearbeitet und schätze die Erfahrungen sehr, die ich in der Zeit gesammelt habe. 

2007 wurde mir dann eine Stelle bei einem Anbieter von Krankenhausinformationssystemen – kurz: KIS – angeboten. Diese habe ich aus Neugier angenommen. Danach habe ich im Krankenhaus in der IT gearbeitet. Und 2019 wechselte ich schließlich zur Telekom, wo ich heute als Produktmanagerin tätig bin.

„Corona hat sichtbar gemacht, wo es knirscht“

Die Corona-Krise hat auch Defizite im Gesundheitssystem in Deutschland ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Zum Beispiel die Situation der Pflegekräfte in Krankenhäusern. Das ist tatsächlich ein positiver Aspekt der Corona-Krise: Sie hat unser Gesundheitssystem auf die Belastungsprobe gestellt und sichtbar gemacht, wo es knirscht. Bessere Arbeitsbedingungen wie mehr Personal und Gehalt sind eine richtige und wichtige Forderung. Bei meiner Arbeit als Produktmanagerin bei der Telekom Healthcare Solutions sehe ich, dass auch die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag leistet. Denn sie macht für Ärzte, Physiotherapeuten und Krankenhausapotheker erst wirklich sichtbar, was die Pflege tagtäglich am Patientenbett leistet und wie unentbehrlich diese Arbeit für ihre eigene Tätigkeit ist.

Im KIS wird das Spektrum des pflegewissenschaftlichen Handelns der Pflege offenbart. Es geht längst nicht nur um die Erfassung von Vitalzeichen oder Körperpflege. Zum Beispiel wird die Pflegebedürftigkeit anhand fundierter pflegewissenschaftlicher Methoden im KIS berechnet, damit eine holistische Pflegeplanung für jeden Patienten, unabhängig von seiner Verweildauer, von der Pflegekraft geplant und gezielt evaluiert werden kann.

Digitale Patientenkurve ist Dreh- und Angelpunkt

Ein weiteres gutes Beispiel ist das Wundmanagement, also die Versorgung und Behandlung einer Wunde. Mit Anamnese und Diagnose der Wunde beginnt die umfangreiche Dokumentation der Wunde, auch mittels Fotos. Jedes Detail kann wichtig sein, auch in Verbindung mit anderen Werten wie der Körpertemperatur oder Laborwerten. Außerdem ist relevant, mit welchen Verbänden der Patient versorgt wird, ob und in welcher Dosis er Schmerzmittel und weitere Medikamente einnimmt und wie der Heilungsprozess mit Blick auf die verordneten Therapien voranschreitet. Patienten mit chronischen Wunden werden auch in Sachen Ernährung beraten und darin geschult, sich nach ihrer Entlassung zu Hause selbst zu versorgen. 

Die digitale Patientenkurve ist Dreh- und Angelpunkt für alle klinischen Berufsgruppen. Denn in der digitalen Patientenkurve hat das multi-disziplinäre Team den Überblick des Patientenstatus. Ärzte und Pflegekräfte können anhand der Kurve in weniger als 30 Sekunden den Zustand des Patienten einschätzen und Entscheidungen zur therapeutischen Behandlung treffen. Da mehrere Daten – zum Beispiel zu Vitalzeichen – per Schnittstelle in das KIS übermittelt werden und auf diese Weise automatisiert in die Patientenkurve mit einfließen, muss die Pflege nicht mehr alles akribisch per Hand in einer Patientenkurve eintragen. Die Pflege nutzt die digitale Kurve, um den Patientenstatus einzuschätzen mit dem Ziel, den Patienten bestmöglich zu versorgen und möglichst bald wieder entlassen zu können.

Enger Austausch mit klinischem Personal 

Als Produktmanagerin verantworte ich Module wie ‚Pflegeplanung‘ oder besagte ‚Patientenkurve‘ unseres Krankenhausinformationssystems (KIS) iMedOne und arbeite dafür eng mit unseren Anwendern zusammen. Dabei profitiere ich von meinen praktischen Erfahrungen, die ich in englischen und deutschen Krankenhäusern gesammelt habe. Ich kenne die Sorgen und Nöte. Und darum weiß ich auch, wie wichtig der regelmäßige, enge Austausch mit unseren Anwendern ist. Wir gehen dabei sehr agil vor, holen uns während der Entwicklung neuer Produkte das Feedback der Nutzer ein. So ergeben sich auch strategische Entscheidungen für die künftige Produktentwicklung. 

Natürlich hilft mir meine praktische Erfahrung in der Pflege auch dabei, das Gesundheitswesen, die Anwender und Ihre Prozesse, beziehungsweise Ihre Anforderungen zu verstehen. Doch man braucht nicht zwingend Erfahrungen in der Pflege, um den Beruf des Produktmanagers im Bereich Healthcare zu ergreifen. Denn Produktmanager suchen ohnehin ständig den Austausch mit den Anwendern und bekommen auf die Art laufend aus erster Hand mit, was an den Produkten und Lösungen verbessert werden sollte. Das gehört zur Philosophie unseres Bereichs. Und dieser Austausch hilft allen Kollegen, egal, ob sie schon einmal im medizinischen Sektor tätig waren oder nicht. Zudem gibt es auch noch die technische Seite des Produktmanagements. Wir arbeiten als Team zusammen und jeder hat seine Fähigkeiten. Bei uns kommen also Menschen mit unterschiedlichsten Talenten zusammen. Und übrigens: Falls sich jemand für eine abwechslungsreiche und sinnstiftende Tätigkeit interessiert, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreibt – wir suchen noch Verstärkung!