Die Universität Bielefeld untersucht bis 2019 drei neue Projekte für eine zeitgemäße Gesundheitsversorgung. Geprüft werden Möglichkeiten wie die ärztliche Televisite, Mediziner-Videokonferenz, Online-Videotelefonie für ältere Menschen und digitale Medikationspläne.
Für die wissenschaftliche Analyse der Projekte erhielt die Bielefelder Universität jetzt eine Förderzusage über mehr als eine Million Euro. Die Projektförderung startete zum Jahresbeginn 2017. Die Mittel kommen aus dem bundesweiten Innovationsfonds zur Gesundheitsversorgung in Deutschland. Die Wissenschaftler erforschen moderne Gesundheitskonzepte für Senioren, chronisch Kranke sowie Patienten in Krankenhäusern und ambulanten Praxen.
„Wir untersuchen, wie sich die Projekte auf die Versorgungssituation der Versicherten auswirken“, sagt Professor Dr. Wolfgang Greiner, Gesundheitsökonom an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Der neue Innovationsfonds fördert erstmals ab 2017 Projekte, die neue Konzepte für die Regelversorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen entwickeln. „Patienten sollen besser versorgt werden, ihre Behandlung und Betreuung sollen wirtschaftlicher werden.“
Telemedizinischer Austausch
Digitale Medien setzt das Projekt „TELnet@nrw“ ein, mit dem sich Ärzte untereinander austauschen und Patienten auch aus der Ferne behandeln können. Medizinische Behandlungen werden zunehmend komplexer, Ärzte sind heute hoch spezialisiert. Das neue Gesundheitsnetzwerk TELnet@nrw soll dafür sorgen, dass Patienten schnell die Einschätzung von Spezialisten erhalten. In dem Projekt beraten und betreuen die zwei Universitätskliniken in Aachen und Münster über digitale Medien 17 Krankenhäuser der Grundversorgung und zwei Ärztenetze in Bünde und Köln mit insgesamt rund 130 Ärzten. Die Universitätskliniken stellen ihr Wissen durch Televisiten, Expertenchats und Fortbildungen via Internet zur Verfügung. Für diese Vernetzung setzt das Projekt eine sichere und datenschutzkonforme Technik ein. In den kommenden drei Jahren sollen rund 50.000 ambulante und stationäre Patienten von dem Projekt profitieren.
AdAM gegen Polypharmazie
Wer fünf oder mehr Medikamente nimmt, muss mit Wechselwirkungen rechnen. Arzneien, die nicht zueinander passen, können etwa das Gleichgewicht stören und die Wirksamkeit der Arzneimittel senken. Das Projekt AdAM soll mit digitalen Medikamentenplänen Abhilfe schaffen und Polypharmazie vermeiden. Der Name steht für „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie- und Versorgungsmanagement“. Dank des neuen Systems soll der Hausarzt künftig die Arzneitherapie koordinieren und optimieren. Damit erkennt er Doppelverordnungen, Wechselwirkungen oder Dosierungsfehler und kann reagieren. Partner des Projekts sind neben der Universität Bielefeld die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, die Krankenkasse Barmer, die Universitäten Köln, Frankfurt am Main, Bochum und die Universitätsklinik Köln.
Digitale Helfer für Senioren
Das Projekt “Netz Werk Leben Plus” (NWLP) will selbstbestimmtes Leben auch im hohen Alter ermöglichen – wenn möglich und gewünscht in den eigenen vier Wänden. Ausgangspunkt des Netzwerks ist die Analyse der Ressourcen und Gesundheitsrisiken der älteren Menschen, die an dem Projekt teilnehmen. Eine digitale Kommunikationsplattform unterstützt die Arbeit des Netzwerks. Geplant sind zum Beispiel die Online-Videotelefonie mit Angehörigen und Ärzten, ein digitaler Medikationsplan und Online-Coachings. Im NWLP-Projekt kooperiert die Universität Bielefeld unter anderem mit der Techniker Krankenkasse, der Barmer, der DAK Gesundheit, der Knappschaft, der Johanniter Unfall-Hilfe und der Forschungsabteilung für Klinische Geriatrie am Albertinen-Haus, Universität Hamburg.
Umfangreiche Förderung
Die Bundesregierung will neue Versorgungsformen und versorgungsbezogene Forschungsprojekte in der gesetzlichen Krankenversicherung fördern. Sie will insbesondere die sektorübergreifende Versorgung in Deutschland unterstützen, also stationäre und ambulante Behandlungen besser verbinden. Am 20. Oktober 2016 hat der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) über die ersten Projekte entschieden, die finanzielle Mittel aus dem Innovationsfonds erhalten sollen. In dem Gemeinsamen Bundesausschuss sind für ganz Deutschland Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen organisiert. Der Ausschuss hat Förderzusagen über mehr als 220 Millionen Euro erteilt.