Schnellere Hautkrebserkennung mit App und KI

Das Derm.AI-Projekt integriert sich in den Prozess der Teledermatologie des portugiesischen Gesundheitssystems. (Foto: © Fraunhofer AICOS)

Verdächtige Hautveränderungen deutlich schneller als Hautkrebs erkennen soll eine digitale Lösung, die Fraunhofer-Forschende entwickelt haben. Sie besteht aus einer Smartphone-App und einer Software, die mithilfe von KI und Bildanalyse das Risiko eines bösartigen Hautkrebses bewertet.

Rechtzeitig erkannt ist aber auch das Melanom sehr gut heilbar. Die Überlebensrate nach fünf Jahren liegt bei mehr als 95 Prozent. Daher sind die frühzeitige Diagnose und Vorsorge sehr wichtig. Das Fraunhofer Center for Assistive Information and Communication Solutions AICOS in Portugal hat eine Lösung entwickelt, die den Weg zur Diagnose deutlich beschleunigen soll. 

Die Lösung Derm.AI kombiniert Smartphone-Fotos des Hautflecks mit Bildanalyse-Software und Künstlicher Intelligenz (KI). Mit der Smartphone-App lassen sich verdächtige Hautveränderungen fotografieren und an die Dermatologie-Abteilung im Krankenhaus schicken. Mithilfe von KI und Bildanalyse bewertet eine Software das Risiko eines bösartigen Hautkrebses. Zudem vergibt sie Prioritäten für die Diagnose der Hautärztin oder des Hautarztes. Sie bietet eine erste Einschätzung potenziell gefährlicher Hautveränderungen. DermatologInnen können die Plattform als Entscheidungshilfe nutzen und zuerst die Fälle mit erhöhten Hautkrebs-Risiko analysieren.

Nun soll die Lösung den Prozess der Teledermatologie im Gesundheitssystem Portugals unterstützen. „Das Problem, Hautkrebs frühzeitig zu erkennen, wurde in den letzten Jahren immer wieder von Hausärzten thematisiert. Menschen, die dunkle Flecken oder andere auffällige Veränderungen auf der Haut bemerken, brauchen schnell eine Diagnose“, sagt Maria Vasconcelos, Leitende Wissenschaftlerin am Fraunhofer AICOS. In Regionen mit nur wenigen Spezialisten dauere es jedoch häufig länger einen Termin zur Erstuntersuchung zu bekommen. Zudem müssten Patientinnen und Patienten oft lange Wege zurücklegen. „Hier setzt unsere Lösung Derm.AI an“, so Vasconcelos.

Herkömmliche Smartphones nutzbar

Im ersten Schritt fotografiert der Hausarzt oder die Hausärztin den verdächtigen Fleck auf der Haut mit dem Smartphone. Die App der Fraunhofer-Forschenden läuft sowohl auf Apples iPhone als auch auf Android-Smartphones. Sie unterstützt die ÄrztInnen beim korrekten Ausrichten der Smartphone-Kamera. Zudem sorgt die App dafür, dass die Fotos in der richtigen Auflösung, mit dem richtigen Bildausschnitt und in der richtigen Entfernung aufgenommen werden. Erstellt werden zwei Fotos. Ein Foto als Nahaufnahme der verdächtigen Stelle und eines aus größerer Entfernung, um auch die Umgebung ins Bild zu bekommen. Auf diese Weise entstehen standardisierte Bilder mit den immer gleichen Einstellungen in Auflösung, Bildausschnitt, Helligkeit und Kontrast. „Die Spezialistinnen und Spezialisten können diese Aufnahmen gut mit anderen vergleichen und zuverlässig analysieren“, so Vasconcelos.

Bildanalyse mit KI zur Priorisierung

Per Internet werden die in der Hausarzt-Praxis erstellten Bildern an die Dermatologie-Station eines Krankenhauses gesendet, wo eine mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Software zum Einsatz kommt. Sie analysiert die Fotos des verdächtigen Flecks, vergleicht sie mit Referenzdaten und den Daten anderer Patientinnen und Patienten und schätzt dann das Risiko ein: Die fragliche Stelle wird dann als „harmlos“, „riskant“ oder „gefährlich“ markiert. Dabei handelt es sich lediglich um eine erste Einschätzung. Sie dient zur Priorisierung für die Reihenfolge, in der die Fälle gesichtet werden. Eine ärztliche Diagnose ersetzt die Software nicht, hilft aber bei der Behandlung.

Nach der Analyse von Bildern und Patientendaten wie Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen kann die Dermatologin oder der Dermatologe im Krankenhaus via Telefon oder Videokonferenz eine Konsultation mit dem zuständigen Hausarzt beginnen oder einen Termin zur Direktuntersuchung des Patienten oder der Patientin ansetzen. Dort wird die Hautstelle beispielweise unter dem Auflichtmikroskop untersucht oder es werden Gewebeproben in einer Biopsie analysiert, um Gewissheit zu erlangen. 

In rund 80 Prozent der Fälle erweisen sich die Hautveränderungen harmloses Muttermal oder Leberfleck. Bei Patientinnen oder Patienten, deren Hautveränderungen nicht eindeutig harmlos sind oder auf den weniger gefährlichen hellen Hautkrebs hinweisen, bittet der Arzt oder die Ärztin darum, beispielsweise in drei Monaten noch mal vorstellig zu werden, um ein neues Foto der verdächtigen Stelle anzufertigen zu lassen.

Derzeit analysieren die AICOS-Forschenden die Ergebnisse aus der praktischen Nutzung der Smartphone-App in Portugal. Darüber hinaus verfeinern und optimieren die WissenschaftlerInnen die KI-Software.