Eckpunkte für die Digitalisierung im Gesundheitsbereich

Videosprechstunde
Die Videosprechstunde gehört für die DGTelemed zu den Grundbausteinen einer zukunftsfähigen Patientenversorgung (Foto: dolgachov/123rf.com)

„Vernetzt (be-) handeln, intersektoral vergüten“ lautet der Titel eines Positionspapiers der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin e. V. (DGTelemed). Es zeigt auf, welche Grundvoraussetzungen für ein digitalisiertes Gesundheitssystem notwendig sind.

Mit ihrem Positionspapier wendet sich die DGTelemed an die Bundesregierung. „Immer knapper werdende personelle und ökonomische Ressourcen sowie ein kontinuierlich steigender Versorgungsbedarf stellen zentrale Herausforderungen an ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem dar“, formuliert die DGTelemed.

Doch wie kann es gelingen, den strukturellen Veränderungen in der Gesellschaft und den durch technische Entwicklungen gestiegenen Qualitätsanforderungen an die Gesundheitsversorgung gerecht zu werden? Wie können bestehende Hürden und Begrenzungen überwunden werden, um die Patientenversorgung nachhaltig und gerecht zu gestalten?

Zusammenarbeit muss gesteuert werden

Die Lösung liegt für die DGTelemed ganz klar im sektorübergreifenden Kooperieren von Systemen und Akteuren der Gesundheitsversorgung. „Wir brauchen ein neues Zielbild für eine moderne, digital unterstützte Versorgung mit interdisziplinärer Zusammenarbeit und digitalen Lösungen, die professionsübergreifend medizinische Behandlung unterstützen. Das hierfür notwendige Zusammenspiel muss klar organisiert, strukturiert und gesteuert werden, um Daten, Kompetenzen und Expertise orts- und zeitunabhängig verfügbar und nutzbar zu machen. Denn neben immer knapper werdenden ökonomischen und personellen Ressourcen hat sich während der Pandemie eines gezeigt: Wir benötigen Alternativen zur ausschließlichen Präsenzmedizin“, fasst Professor. Dr. Gernot Marx, FRCA, Vorstandsvorsitzender der DGTelemed und Direktor der Klinik für operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen die Intention der DGTelemed zusammen.

Für die Gestaltung einer zukunftsorientierten, interdisziplinären und wertebasierten Patientenversorgung bedarf es aus Sicht der DGTelemed:
– Eines kooperativen Miteinanders aller Professionen im Gesundheitswesen mit interdisziplinärem Handeln und gemeinsamen Qualitätsmaßstäben.
– Der Nutzung von Telemedizin und dem Aufbau regionaler Versorgungsnetzwerke mit digital gestütztem Netzwerkmanagement.
– Der Implementierung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (Televisite, Telekonsile, Telemonitoring, Videosprechstunde, elektronische Fallakten etc.) über ein geeignetes Plattformmanagement.
– Der Entwicklung, Nutzung und Einbindung künstlicher Intelligenz für den medizinischen Versorgungsalltag.
– Digitalisierter Therapie und Diagnostik (Präzisionsmedizin, Assistenzsysteme, Robotik etc.).
– Sektorübergreifender Vergütungsstrukturen.

Neue Versorgungsstrukturen erproben

Um diese Punkte zu erfüllen, ist nach Einschätzung der DGTelemed eine übergeordnete Digitalstrategie unabdingbar. Interdisziplinäre Versorgungsstrukturen müssen professionell erarbeitet und schrittweise implementiert werden. „Die erforderlichen Veränderungen in den Versorgungsstrukturen – hin zu einem gemeinsamen Behandeln mit flächendeckend ortsnaher und qualitätsorientierter Versorgung – müssen konzeptionell entwickelt, erprobt und schrittweise in die Praxis überführt werden“, so die Verfasser des Positionspapiers.

Mehr Ortsunabhängigkeit im Versorgungsprozess

Der Einsatz von Telemedizin im Versorgungsalltag müsse weiter gestärkt werden. Hier sieht die DGTelemed den dringenden Bedarf, mithilfe von Telekonsilen oder Telemonitoring spitzenmedizinische Expertise ortsunabhängig mit im Versorgungsprozess einzubinden, um so eine optimale Patientenbehandlung zu erreichen. „Zukunftsfähige Versorgungsstrukturen müssen demnach in der Lage sein, interdisziplinäre Zusammenarbeit und digitale Lösungen abzubilden und die professionsübergreifende medizinische Behandlung zum Standard werden zu lassen“, so der Verband.

Telemedizinnetzwerke als Grundelemente 

Einen weiteren bedeutsamen Grundstein für die digitale Gesundheitsversorgung der Zukunft bilden regionale, telemedizinische Versorgungsnetzwerke. Diese können das Zusammenspiel digitaler Kommunikation und die Verfügbarkeit von Informationen stark vereinfachen, die medizinische Expertise kann zeit- und ortsunabhängig zu den Patientinnen und Patienten gelangen. Die DGTelemed betont daher: “Telemedizinische Zentren als technische Plattform sollten fester Bestandteil solcher Netzwerkstrukturen sein und herstellerunabhängig mit interoperablen Systemen allen Leistungserbringern die Infrastruktur für vernetztes digital unterstütztes Behandeln ermöglichen (Teletherapie, Telemonitoring, Telekonsile).”

Mehr Verbindlichkeit

Um diese dringenden Bedarfe in die Realität umzusetzen, ist ein einheitlicher Rechtsrahmen erforderlich, sagt der Verband. Hier fordert die DGTelemed die konsequente und zeitnahe Anpassung und Weiterentwicklung der bestehenden rechtlichen Regelungen. Im Zuge dessen sollte auch der Innovationsfonds weg vom bisher „eher unverbindlichen Empfehlungscharakter“ hin zu einem Modell, das es erfolgreich entwickelten Versorgungsstrukturen ermöglicht, leichter als bisher nach Beschluss des Innovationsausschusses verbindlich strukturell und mit dauerhaften Vergütungslösungen ins System überführt zu werden. Mit dem aktuellen Strategiepapier möchte die DGTelemed nicht nur Handlungsbedarfe aufzeigen, sondern auch Lösungsansätze zur Diskussion stellen.