Schlafapnoe: Zungenschrittmacher bringt Verbesserungen

Patienten mit Schlafapnoe können von einem Zungenschrittmacher deutlich profitieren.  Neben einem deutlich erholsameren Schlaf verbessert die Behandlung auch den Blutzucker, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie.

Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter nächtlichen Atemaussetzern, einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom. Die Schlafapnoe stört nicht nur den Partner durch lautes Schnarchen. „Die häufigen Atemaussetzer gefährden auf Dauer die Gesundheit, weil sie eine gleichmäßige Versorgung des Körpers mit Sauerstoff verhindern“, sagt Privatdozent Dr. Armin Steffen vom Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Mögliche Folgen sind ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt, häufige Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf. Darüber hinaus lässt die ständige Störung der Nachtruhe die Stresshormone im Blut ansteigen, was den Blutzucker erhöht“, so Dr. Steffen.

Durch durch elektrische Stimulierung des Zungennervs hält ein Zungenschrittmacher nachts die Atemwege der Patienten mit Schlafapnoe frei. Ob und wie sich das auf den Zuckerstoffwechsel auswirkt, hat HNO-Mediziner Steffen jetzt im Rahmen einer Studie untersucht. 

In einer rund zweistündigen Operation wird der kleine Zungenschrittmacher dem betroffenen Patienten unter die Haut implantiert. Die Chirurgen verbinden ihn über ein Kabel mit dem sogenannten Nervus hypoglossus, der die Bewegungen der Zunge kontrolliert. „Nach einer Eingewöhnungsphase ist die Behandlung für den Patienten einfach“, so Dr. Steffen. „Die Patienten schalten den Zungenschrittmacher abends vor dem Schlafengehen ein und morgens wieder aus.“

Zungenschrittmacher als letzte Option

In Deutschland werden Zungenschrittmacher Patienten bereits seit einigen Jahren an einigen Universitätskliniken implantiert. Sie sind laut Dr. Steffen nur dann eine Option, wenn eine Standardbehandlung mit einer Atemmaske erfolglos bleibt. Diese sogenannte CPAP-Beatmung erzeugt einen leichten Überdruck, der die Atemwege freihält. Bei den meisten Patienten verbessert sich der Schlaf, bei einigen kommt es weiterhin zu den nächtlichen Atemaussetzern. Aus diesem Grund prüfen HNO-Experten vor der Operation, ob ein Zungenschrittmacher für einen Patienten infrage kommen. Dazu werden die Bewegungen von Zunge und Rachen beim Schnarchen beobachtet.

Bessere Blutzuckerwerte

Am Campus Lübeck hat Dr. Steffen 125 Implantationen durchgeführt. Zwanzig dieser Patienten hat er gemeinsam mit Kollegen nach der Operation über ein Jahr lang begleitet. Dabei die Auswirkungen auf den Schlaf untersucht. Außerdem befragten die Ärzte die Patienten und führten nach zwölf Monaten einen Blutzuckerbelastungstest durch. Es zeigte sich, dass sich die Werte im Zuckerbelastungstest der Patienten nach der Implantation des Zungenschrittmachers gebessert hatten. Die Patienten benötigten weniger Insulin, um den Blutzucker im Körper zu verteilen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Zungenschrittmacher die Patienten vor einem Typ-2-Diabetes schützen kann“, so Dr. Steffen.

Auswirkung aufs Essverhalten

Darüber hinaus wirkte sich die nächtliche Stimulierung der Zunge tagsüber auf das Essverhalten aus. Der sogenannte hedonistische Hunger, der viele Menschen mit Schlafapnoe auch dann essen lässt, wenn ihr Körper keine Kalorien benötigt, war vermindert. Der HNO-Experte hofft daher, dass der Zungenschrittmacher den Patienten langfristig helfen könnte, ihre Gewichtsprobleme in den Griff zu bekommen. Denn die meisten Menschen mit Schlafapnoe sind übergewichtig oder fettleibig. 

Die Studie und weitere aktuelle Ergebnisse im Zusammenhang mit der Atemwegsstimulation werden im Rahmen der 90. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC) präsentiert, die 28. Mai 2019 in Berlin stattfindet.