NRW-Ministerin warnt vor TV-Schönheitstrends

Das NRW-Gesundheitsministerium ruft anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März Frauen dazu auf, die Möglichkeiten des Netzes stärker zu nutzen, um sich von medial propagierten Schönheitstrends zu emanzipieren.

Inszenierte Körperideale in den Medien, insbesondere in Fernsehen und sozialen Netzwerken, können Menschen in ihrem Selbstwertgefühl so stark beeinflussen, dass seelische und körperliche Schäden die Folge sind. Durch die noch immer vorhandenen Rollenzuschreibungen sind Frauen dabei deutlich stärker betroffen als Männer.

Zwar ist der unmittelbare Einfluss auf die seelische Gesundheit vor allem von jungen Frauen schwer zu erfassen. Ein deutlicher Indikator ist jedoch, dass allein in Nordrhein-Westfalen rund 400.000 Menschen an Essstörungen leiden, die durch medial propagierte Körperideale mitverursacht sein können.

„Starke Vorbilder pfeifen auf genormte Körpermaße“, erklärte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens in Köln zur Eröffnung der Veranstaltung „#body*talk – Rollenbilder, Schönheitsdiktate und Empowerment im Netz“, zu der das Ministerium im Vorfeld des Internationalen Frauentages (8. März) eingeladen hatte.

„Das Diktat, was schön zu gelten hat und was nicht, übt besonders auf Mädchen und junge Frauen starken Druck aus. Dieser wird durch die Verbreitung im Internet und über soziale Netzwerke verstärkt. Wir wollen auch diese Veranstaltung nutzen, um dem Korsett der Erwartungen vielfältige und alternative Körpervorbilder entgegenzusetzen“, so Steffens weiter. „Nur wer sich in seinem Körper wohlfühlt, ist stark!“, betonte die Ministerin.

Fragwürdige Ideale und manipulierte Bilder

Schönheitswettbewerbe, bei denen die Kriterien in Extreme gesteigert sind – die Taille muss schmaler sein als ein Standard-Papierblatt („DIN-A4-Challenge“), oder das Schlüsselbein hat stark hervorzutreten („Collarbone Challenge“) – finden weltweit Aufmerksamkeit. Zudem verschwimmen im Internet durch Fotomontagen, manipulierte Vorher-Nachher-Bilder und gefälschte Informationen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Die Folgen dieser verfälschten Realitäten können vom mangelnden Selbstwertgefühl über depressive Verstimmungen bis zu lebensbedrohlichen Essstörungen reichen.

#bodypositive statt Schlankheitswahn

Zugleich entwickeln sich in der digitalen Welt auch gegenläufige Trends wie die Body-Positive-Bewegung, die für die Akzeptanz vielfältiger Körperlichkeiten steht. Unter Hashtags wie #bodypositive, auf Blogs und bei Kunstaktionen präsentieren sich selbstbewusste Frauen, die gängige Schönheitsideale kritisch hinterfragen. So sind etwa der Webvideo-Serie mit dem Titel „roleUP“ Kurzporträts von jungen Frauen zu finden, die äußerlich nicht unbedingt der Norm entsprechen, sich in ihrem Körper wohlfühlen und mit ihrer Persönlichkeit überzeugen und begeistern – sei es aufgrund spannender Berufe, außergewöhnlicher Lebensentwürfe oder aufgrund eines besonderen, gesellschaftlichen Engagements.

Als eine Vertreterin der Body-Positive-Bewegung trat bei der Veranstaltung in Köln die Bloggerin Magda Albrecht (u.a. Gemeinschaftsblog „Mädchenmannschaft“) auf. „Abnehmen und Schlanksein sind in unserer Gesellschaft wichtiger als seelische Gesundheit und körperliches Wohlbefinden. In den Medien werden überwiegend heterosexuelle, schlanke, normschöne, weiße Menschen ohne Behinderungen dargestellt. Das entspricht nicht der Realität und schließt viele Menschen aus“, sagte Albrecht.

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens rief dazu auf, die Möglichkeiten des Internet stärker zu nutzen: „Wir können Frauen und Mädchen durch das Internet in ihrer Individualität und Vielfalt bestärken sowie die kritische Reflektion von Körperidealen und Rollenbildern unterstützen.“ Interessierte können sich über den Twitter-Account @gleichimnetzNRW (#bodytalk) und auf der Webseite www.gleichstellungimnetz.nrw über Verlauf der Veranstaltung informieren.

Info:
Studie: „Warum seh´ ich nicht so aus? Fernsehen im Kontext von Essstörungen“ (2016), Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) und ANAD e. V. Versorgungszentrum Essstörungen, München. Download unter:
www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/Fernsehen_Essstoerungen/Warum_seh_ich_nicht_so_aus.pdf