Neue Ambulanz setzt auf individuelle Patientenakte

Die Universität Witten/Herdecke hat eine Ambulanz für Integrative Gesundheitsversorgung und Naturheilkunde eröffnet. Ein Novum ist dabei die Bereitstellung einer individuellen, digitalen Patientenakte.

Mit dem Pilotprojekt der Universität Witten/Herdecke (UW/H) soll bundesweit ein neues Organisationsmodell für die Integrative Gesundheitsversorgung erprobt werden. Es sieht eine multiprofessionelle, teambasierte und patientenorientierte ärztliche Versorgung innerhalb der Humanmedizin vor, die hier erprobt werden soll. Behandeln lassen können sich alle gesetzlich Versicherten mit ihrer Versichertenkarte.

Ernährung, Entspannung und Motivation

„Unsere Universitätsambulanz zum Zwecke der Lehre und Forschung ist keine Poliklinik und auch keine Notfallambulanz“, erläutert der Leiter der Ambulanz, Professor Dr. Tobias Esch. „Wir werden unseren wissenschaftlichen und lehrebezogenen Fokus auf eine integrative Behandlung insbesondere der Patienten mit chronischen und komplexen Beratungsanlässen richten. Bei uns werden, obwohl die Ambulanz in der Erstversorgung angesiedelt ist, neben der primärmedizinischen Basisversorgung vor allem Patientenaktivierung und Gesundheits- / Selbsthilfekompetenz die zentralen Säulen sein. Als wesentliche Gesprächs- und Behandlungsmethoden stehen für uns deshalb die Themen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Motivation zur Lebensstiländerung im Vordergrund.“

Die Verhandlungen mit den Krankenkassen hat die Universität im September 2018 abgeschlossen. Da die Krankenkassen die Zulassung einer Universitätsambulanz zum Zwecke der Lehre und Forschung genehmigt haben, werden die erbrachten Leistungen auch direkt von den Krankenkassen vergütet. Das Budget, das niedergelassene Ärzte von den Krankenkassen für gesetzlich versicherte Patienten erhalten, wird von der Universitätsambulanz nicht berührt.

Künftig vier Fachärzte

Zusätzlich wird das Modell in die Lehre des neuen Modellstudiengangs Humanmedizin einfließen und dort unter anderem ein Lernort des neuen Schwerpunkts „Ambulante Gesundheitsversorgung“ sein. Den Betrieb wird die Universitätsambulanz mit 1,5 Facharzt-Stellen beginnen und in geplanter Volllast – in einigen Jahren – insgesamt vier Fachärzte für Rehabilitationsmedizin, Anästhesie, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin vollzeitig beschäftigen.

Hintergrund der Ambulanzgründung ist unter anderem die allgemeine Erkenntnis, dass durch den generell zunehmenden Mangel vor allem an Primärärzten andere Berufsgruppen zukünftig Versorgungsleistungen mit übernehmen werden (müssen). So werden Case Manager sowie Therapeuten für Gesundheitsförderung in der Universitätsambulanz die Patienten im Rahmen des Therapieverlaufes mitbegleiten und unterstützen.

Digitale Patientenakte

Ein zentrales Novum ist die Bereitstellung einer individuellen Patientenakte für alle Patienten im Rahmen des Programms Open Notes. Die Nutzer können unabhängig von Ort und Zeit webbasiert und datengeschützt auf die Patientenakte zugreifen. Sie erhalten Zugang zu ihrer Medikation, den Befunden und auch zur Therapieplanung sowie dem Therapieverlauf. Die elektronische Patientenakte wird in der Universitätsambulanz gemeinsam von dem Arzt und dem Patienten geführt.