Mit Big Data gegen Hepatitis

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist die Hauptursache für virusverursachte akute Leberentzündungen. Pro Jahr sterben rund 70.000 Menschen daran. Mithilfe von Big Data wollen Forscher der Ruhr-Universität Bochum das Virus nun wirkungsvoller bekämpfen.

Prof. Dr. Eike Steinmann und Dr. Daniel Todt von der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) setzen Big Data ein, um das Virus besser zu verstehen. Sie analysierten die genetische Information aller Varianten in Proben von Patienten. Auf diese Weise entdeckten sie eine besonders vermehrungsfreudige Variante, die ihnen auch zu einem funktionsfähigen Zellkulturmodell verhalf.

Fehlendes Wissen

Anders als gegen viele andere Viren gibt es gegen Hepatitis E keine Impfung. Auch spezifisch wirksame Medikamente stehen nicht zur Verfügung. Zwar helfen einige Wirkstoffe, die allgemein gegen Viren eingesetzt werden, bei vielen Patienten. Dazu zählen beispielsweise Interferon Alpha oder Ribavirin. Bei allen Patienten sind diese Wirkstoffe jedoch nicht wirksam.

Bislang fehlt das Wissen, um wirksame Therapien gegen das Virus zu entwickeln. Wie genau vermehrt es sich? Was macht es so wandelbar? Warum kann es sich der Wirkung bekannter Medikamente manchmal entziehen? Um solches Wissen zu erhalten, sammelten und analysierten die Forscher Serumproben von Patienten mit chronischer HEV-Infektion über bis zu ein Jahr.

Erbgut vollständig untersuchen

Mithilfe einer sogenannten Tiefensequenzierung untersuchten die Wissenschaftler das Erbgut der vorgefundenen Viruspopulationen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Ziel dieser neuen Methode ist es, die genetische Information möglichst aller Viren einer Probe so vollständig wie möglich abzubilden. „Zuvor hat man immer nur die Geninformationen derjenigen Viruspartikel analysiert, die am häufigsten vertreten waren“, erklärt Daniel Todt.

Bei der Auswertung der Untersuchungen fanden die Forscher heraus, dass die Viruspopulationen bei chronisch HEV-infizierten Patienten besonders variantenreich waren. Zudem zeigte sich eine Häufung bestimmter genetischer Varianten bei Patienten, bei denen die Ribavirintherapie versagte.

Big Data enttarnt genetische Variante

Vor allem eine genetische Variante fiel dem Forscherteam auf: Sie wirkte sich auf die Vermehrung des Virus extrem vorteilhaft aus – ein glücklicher Zufall für das Virus. Durch die rasante Vermehrung wurde diese Variante innerhalb der Population schnell dominant und führte zu einem extremen Anstieg der Viruszahl. Diese Erkenntnis ermöglicht es den Wissenschaftlern, den Erfolg einer Therapie mit Ribavirin für einen einzelnen Patienten bereits früh vorhersagen zu können.

Auch in anderer Hinsicht war die Entdeckung der extrem vermehrungsfreudigen Virusvariante von Vorteil. Sie erlaubte es erstmals, ein Zellkultursystem für Hepatitis E zu etablieren. „Bisher war es nicht gelungen, die Viren in Kultur ausreichend zu vermehren, sodass das Messfenster für die Untersuchung von Hepatitis E in Zellkultur viel zu klein war“, sagt Eike Steinmann.

Hoffnung auf Heilung 

So kam zum Beispiel eine erste Variante des Zellkulturmodells zum Einsatz, um die Wirksamkeit des natürlich vorkommenden Wirkstoffs Silvestrol auf die Vermehrung von Hepatitis-E-Viren erproben. Mit Erfolg, denn nach der Behandlung mit Silvestrol sanken die Vermehrungsrate und die Zahl der infizierten Zellen stark ab. „Die Wirkung von Silvestrol war stärker als die von Ribavirin“, so Daniel Todt. Nun wollen die Forscher das die Diese Ergebnisse wecken die Hoffnung, dass Silvestrol ein wirksames Mittel gegen Hepatitis E sein könnte. Das klinische Potenzial muss in weiteren Studien ausgelotet werden. Den Grundstein dafür legen die Untersuchungen der Wissenschaftler.