Ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von lebendem Gewebe mit Hilfe eines 3D-Druckers haben junge Forscher aus München entwickelt. Für diese Leistung sind sie nun mit einem internationalen Preis ausgezeichnet worden.
Bei der akademischen Weltmeisterschaft auf dem Gebiet der Synthetischen Biologie hat das gemeinsame Team aus Studierenden der Technischen Universität München (TUM) und Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) den ersten Platz (Grand Prize) in der Kategorie „Overgraduate“ belegen können. Ausgezeichnet wurde das von dem Team entwickelte Verfahren, mit dem intakte Gewebe mit Hilfe eines 3D-Druckers erzeugt werden.
Der internationale Genetically Engineered Machine (iGEM) Wettbewerb soll Studierende auf dem Gebiet der Synthetischen Biologie anspornen, innovative Ideen umzusetzen und mit diesen biotechnologischen Projekten gegeneinander anzutreten. Der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) initiierte Wettbewerb wird seit 2003 von der iGEM Foundation veranstaltet.
Die jungen Wissenschaftler, geleitet von Professor Arne Skerra vom Lehrstuhl für Biologische Chemie der TUM und gefördert vom Graduiertenkolleg GRK 2062 an der LMU, haben sich in ihrer Arbeit dem wachsenden Problem fehlender Spenderorgane in der Transplantationsmedizin gewidmet. „Die beteiligten Studierenden von TUM und LMU haben eine neuartige Methode entwickelt, die es letztendlich ermöglicht, intakte Gewebe und möglicherweise sogar komplette Organe mithilfe eines 3D-Druckers herzustellen“, sagt Professor Skerra . Möglich geworden sei das Ergebnis nur durch die Kombination der Disziplinen Synthetische Biologie, Molekulare Biotechnologie, Protein-Design und Ingenieurwissenschaften.
Mit Biotinte zum Erfolg
Das Drucken von nicht lebendigem biologischen Material – wie beispielweise Knorpel – ist bereits Stand der Technik. Auf dem Weg zum Druck komplexer Zellverbände hingegen waren noch wesentliche Hürden zu bewältigen. „An diesem Punkt hat das diesjährige Projekt angesetzt, bei dem lebende Zellen mit einem 3D-Drucker in eine biokompatible Matrix gedruckt werden“, erläutert Projektleiter Skerra. Dazu wurde ein herkömmlicher Plastik-3D-Drucker zu einem „3D-Bioprinter“ umgebaut.
Schicht für Schicht entsteht dabei ein biologisches Gewebe. Bislang wurden für derartige Zwecke sogenannte Hydrogele eingesetzt, die eine gelatineartige Gerüststruktur liefern und erst nachträglich mit den Zellen besiedelt werden. Die Studierenden der beiden Münchener Universitäten haben dies allerdings umgangen, weil der „Gerüstbau“ das Drucken verkompliziert und die Zellen auf unnatürliche Weise zusammenhält. Stattdessen haben sie eine spezielle Bio-Tinte entwickelt. Dabei handelt es sich um Art biochemischen Zweikomponentenkleber für den direkten 3D-Druck lebender Zellen.
Der Hauptbestandteil dieses Systems ist Biotin, den meisten als Vitamin H oder B7 bekannt, Damit werden die Zellen oberflächlich beladen werden. Die zweite Komponente ist Streptavidin, ein Biotin-bindendes Protein und damit der eigentliche biochemische Klebstoff. Zusätzlich sind voluminöse Proteine mit Biotingruppen ausgestattet worden, um als Quervernetzer zu dienen. „Wenn eine Suspension dieser Zellen in eine konzentrierte Lösung der Proteinkomponenten ‚gedruckt’ wird, dann bildet sich die gewünschte 3D-Struktur“, erläutert Professor Skerra. Mit dieser Bio-Tinte entsteht im sogenannten biotINK-Gewebedrucker ein plastisch gestaltbares Gewebe aus lebenden Zellen, das dann quasi zur Transplantation bereit sein soll. Eine Leistung, mit der sich das Team unter Anleitung von Professor Skerra und seinen Doktoranden Andreas Reichert und Volker Morath an der TUM, im Wettbewerb klar durchsetzen konnten.