Insulinbildung per Smartwatch steuern

YMit dem grünen Licht einer handelsüblichen Smartwatch können Forschende ein insulinproduzierendes Gen-Netzwerk anschalten. (Foto: javiindy/123rf.com)

Lässt sich die Insulinbildung bald per Smartwatch steuern? Möglicherweise ja, denn Forschende haben einen Genschalter entwickelt, der sich mit dem grünen LED-Licht handelsüblicher Smartwatches betätigen lässt.

LED-Dioden sind in viele aktuelle Sportuhren oder Smartwatches integriert. Diese Dioden geben kontinuierlich oder gepulst grünes Licht ab. Es durchdringt die Haut durchdringt und wird unter anderem dafür genutzt wird, während sportlicher Betätigung oder in Ruhe den Puls zu messen. Hier setzt die Entwicklung der ETH-Forschenden um Martin Fussenegger vom Departement Biosysteme in Basel an. Sie wollen diese Lichtquelle nutzen, um durch die Haut hindurch Gene zu steuern und das Verhalten von Zellen zu verändern. „Ein molekulares System, das auf Grünlicht reagiert, gibt es natürlicherweise in menschlichen Zellen nicht“, so Fussenegger zu den Schwierigkeiten bei dieser Entwicklung. Die Forschenden mussten daher etwas Neues konstruieren.

Grünlicht aktiviert Gen

Aus diesem Grund haben der ETH-Professor und sein Team einen molekularen Schalter entwickelt. Er wird implantiert und lässt sich danach mit grünem Licht von Smartwatches aktivieren.

Der Schalter ist gekoppelt mit einem genetischen Netzwerk, das die Forschenden menschlichen Zellen hinzufügten. Für diesen Prototyp verwendeten sie wie üblich HEK-Zellen. Die Möglichkeiten dieses Netzwerks sind vielfältig. Je nach Konfiguration – mit welchen Genen es ausgestattet ist – kann es beispielsweise Insulin produzieren, sobald grünes Licht auf die Zellen trifft. Wird das Licht ausgeschaltet, wird der Schalter inaktiviert und der Vorgang stoppt.

Smartwatch-Standardsoftware

Für ihre Entwicklung nutzten die Wissenschaftler die Standardsoftware der Smartwatch. Die Entwicklung eigener Programme war nicht erforderlich. In ihren Versuchen konnten sie das Grünlicht einschalten, indem sie die „Lauf-App“ starteten. Solche handelsüblichen Uhren sind Fussenegger zufolge universell nutzbar, um den molekularen Schalter umzulegen. Neue Modelle senden das Licht gepulst, was sich noch besser eignet, um das Gennetzwerk am Laufen zu halten.

Molekularer Schalter

Der molekulare Schalter ist allerdings komplizierter. In der Membran der HEK-Zellen wurde ein Molekülkomplex eingebaut. Ähnlich wie eine Eisenbahnwagenkupplung ist er mit einem entsprechenden Gegenstück gekoppelt. Sobald grünes Licht angeschaltet wird, löst sich das in das Zellinnere hineinragende Stück ab und wird in den Zellkern transportiert. Dort schaltet es ein Gen an, das Insulin produziert. Sobald das Grünlicht erlischt, verbindet sich das abgekoppelte Teil wieder mit dem in der Membran verankerten Gegenstück. Ihr System testeten die Forschenden sowohl an einer Speckschwarte als auch an lebenden Mäusen.

So funktioniert das grünlichtregulierte Gen-Netzwerk (Grafik: ETH Zürich)

„Es ist das erste Mal, dass man mit kommerziell erhältlichen intelligenten elektronischen Geräten, die auf der Hautoberfläche getragen werden, sogenannten Wearables, ein solches Implantat steuern kann“, so der ETH-Professor. Die meisten Uhren verfügen über grünes Licht. Deshalb ist es sinnvoll, eine mögliche künftige Anwendung darauf auszurichten. Auf diese Weise müssten Anwenderinnen und Anwender kein spezielles Gerät kaufen.

Bis die Technologie in die Klinik kommt, werden nach Einschätzung von Fussenegger jedoch noch zehn Jahre vergehen. Die in diesem Prototyp verwendeten Zellen müssten durch Eigenzellen des Anwenders ersetzt werden;. Zudem muss das System auch die klinischen Phasen überstehen, ehe es zugelassen wird. Die Hürden dafür seien hoch. Bis heute gebe es nur sehr wenige zugelassene Zelltherapien.