Hier haken Deutschlands digitale Gesundheitsprojekte

Deutschland ist nicht bereit für die medizinische Versorgung der Zukunft. In vielen Segmenten besteht noch deutlicher Handlungsbedarf. So hat es zum Beispiel im Bereich der Intelligenten Gesundheitsnetze in den vergangenen zwei Jahren kaum eine Verbesserung in Deutschland gegeben, zeigt ein aktueller Report.

Nach Japan hat Deutschland weltweit die zweitälteste Bevölkerung auf und wird zukünftig aufgrund der demografischen Entwicklung weiter altern. Die damit verbundenen Herausforderungen an die medizinische Versorgung könnten durch eine forcierte Digitalisierung abgemildert werden. Gerade hier passiert allerdings viel zu wenig. So hat es im Bereich der Intelligenten Gesundheitsnetze in den vergangenen zwei Jahren kaum eine Verbesserung in Deutschland gegeben. Insbesondere die 4. AMG-Novelle (viertes Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften) zementiert die Rückständigkeit Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern bei der Nutzung von Telemedizin für Diagnose und Behandlung. Ein geplantes Verbot des Versandhandels von Medikamenten würde zusätzlich einige neue Versorgungsmodelle erschweren oder sogar unmöglich machen. Zu diesem Ergebnis kommt der jetzt veröffentlichte DIV Report Spezial Gesundheit der Fokusgruppe „Intelligente Vernetzung“ im Rahmen des Digital-Gipfel-Prozesses.

Für den Report haben Experten aus dem Gesundheits- und IKT-Sektor nach 2015 erneut den aktuellen Status einer möglichen Zielerreichung der Intelligenten Gesundheitsnetze bis zum Jahr 2020 in einem Ampelschema kategorisiert. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Die Experten sind sich einig, dass sich die Situation für die (Weiter-)Entwicklung der Intelligenten Gesundheitsnetze im Vergleich zu 2015 dar nicht bis kaum verbessert hat. Gründe dafür gibt es viele. So begrüßen die Experten zwar das E-Health-Gesetz. Kritisieren aber im selben Atemzug die frühestens ab 2019 mögliche flächendeckende Umsetzung der darin enthaltenen elektronischen Patientenakte (ePA).

Auch beim Thema Interoperabilität und Standardisierung erkennen die Experten kaum Fortschritte: Das E-Health-Gesetz sieht zwar vor, dass bis Mitte 2017 ein Interoperabilitätsverzeichnis erstellt wird. Dieses Verzeichnis ist jedoch nicht verbindlich ist und sieht auch keinen allgemeinverbindlichen Konsensprozess aller Beteiligten vor. Deshalb stehe zu befürchten, dass das Verzeichnis proprietären Insellösungen Vorschub leiste und den Standardisierungsprozess im deutschen Gesundheitswesen nicht voranbringe, heißt es.

Schwächen in allen Bereichen

Am Beispiel Abrechenbarkeit von Arzt-zu-Arzt-Konsultationen und Telemonitoring zeigt sich ebenfalls, wie schwer sich alle Verantwortlichen mit einer Weiterentwicklung der Intelligenten Gesundheitsnetze tun. Zwar sieht das E-Health-Gesetz die Abrechenbarkeit von radiologischen Telekonsilen vor. Es wäre aber nach Ansicht der Experten nach wie vor wünschenswert, dass alle Telekonsultationen vieler Fachrichtungen adäquat abrechenbar werden. Die Abrechenbarkeit von Telemonitoring ist jedoch weiterhin ausstehend.

Drei Entwicklungstipps für Deutschlands intelligente Gesundheitsnetze

Die Experten geben drei Handlungsempfehlungen, wie sich die Intelligenten Gesundheitsnetze in Deutschland positiv entwickeln können: So sollte der Gesetzgeber sollte davon absehen, spezifizierte Einzelmaßnahmen vorzugeben und stattdessen eine nationale Digitalstrategie für das deutsche Gesundheitswesen entwickeln. Des Weiteren wäre zu überlegen, wie und durch wen die Umsetzung der Strategie garantiert wird.

Die Vorgaben des E-Health-Gesetzes sollten nach Ansicht der Experten zügig umgesetzt werden. Das gilt insbesondere für die Implementierung einer Patientenakte. Zudem sollte es keine weiteren gesetzlichen Hemmnisse in Bezug auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens geben.

Darüber hinaus fordern die Experten eine Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes: Nach qualitätsgesicherten Kriterien sollte eine Diagnose und Behandlung auch über eine ausschließliche Verwendung von elektronischen Kommunikationsmedien und telemedizinischen Verfahren zulässig sein. Auch der Der Versandhandel von Medikamenten sollte weiter möglich sein. Der DIV Report Spezial Gesundheit steht online zur Verfügung.