Anlässlich der Computerspielmesse Gamescom in Köln warnen die Drogenbeauftragte der Bundesregierung und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vor einer exzessiven Videospielsucht.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, warnt vor den Risiken von Computerspielen, wenn die nötige Medienkompetenz nicht vermittelt wird. Das hat insbesondere auf Jugendliche negative Auswirkungen: „Mittlerweile gibt es in Deutschland etwa 100.000 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, deren Nutzungsverhalten als problematisch gilt. Die Kids ziehen sich mehr und mehr aus dem Alltag zurück, haben Konzentrationsprobleme oder zeigen depressive Verstimmungen. Trotz des Komforts und Spaßes, welche die neuen Medien und Geräte uns bieten, muss der Umgang damit – genauso wie zum Beispiel beim Radfahren – vorab gelernt und geübt werden. Es gibt viele tolle und kreative Projekte, die das nötige ‚Rüstzeug‘ vermitteln, fit für die digitale Welt machen sowie Hilfsangebote wie die Online-Ambulanz ,OASIS‘ – nutzen Sie sie!“
Eltern als Vorbilder entscheidend
Nach Einschätzung der BZgA-Leiterin Dr. med. Heidrun Thaiss, ist Online zu sein heute ein wichtiger Bestandteil des jugendlichen Alltagerlebens. Das stelle Familien und auch Schulen aber vor Herausforderungen: „Um zu verhindern, dass aus einer intensiven Nutzung von Online-Spielen eine Sucht wird, ist es entscheidend, Jugendliche frühzeitig zu einem risikobewussten Umgang mit digitalen Spielen zu motivieren.“ Dazu sei die BZgA mit dem Peer-Projekt ‚Net-Piloten‘ in Schulen präsent. In Workshops vermitteln speziell geschulte ältere Schülerinnen und Schüler als ‚Net-Piloten‘ Medienkompetenz an jüngere. Eltern werden in themenspezifischen Informationsabenden angesprochen: Sie sind als Vorbilder entscheidend und können ihren Kindern eine gesunde Balance zwischen ‚online‘ und ‚offline‘ vorleben.“
Das Präventionsangebot „Net-Piloten“ wurde von der BZgA für Schulen im Rahmen der deutschlandweiten Präventionskampagne „Ins Netz gehen – Online sein mit Maß und Spaß“ entwickelt. Die Kampagne richtet sich an Jugendliche von 12 bis 18 Jahren mit dem Ziel, sie vor exzessivem Computerspiel- und Internetnutzung zu schützen.
WHO stuft „Gaming Disorder“ als Erkrankung ein
Im Juni 2018 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Gaming Disorder“ als Krankheit eingestuft. Dr. med. Jan Dieris-Hirche, Oberarzt der LWL-Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum und Leiter der Medienambulanz, erläutert: „Wir sehen in unserer Sprechstunde immer mehr Betroffene mit Internetsüchten und Computerspielabhängigkeit, für die wir neue therapeutische Angebote entwickeln. Dabei hilft es uns sehr, dass die ‚Online Gaming Disorder‘ im Juni 2018 von der WHO offiziell als Verhaltensstörung anerkannt wurde und dadurch auch die gesellschaftliche Wahrnehmung für diese Erkrankung steigt.“
Für Menschen, die bereits ein exzessives Nutzungsverhalten entwickelt haben, hält die Bochumer LWL-Universitätsklinik eine Mediensprechstunde zur Diagnostik einer internetbezogenen Störung sowie zwei spezifische ambulante Gruppenpsychotherapien für computerspiel- sowie pornografiesüchtige Menschen vor. Seit 2016 können Betroffene zudem den vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Online-Ambulanz-Service für Internetsüchtige (OASIS) zur Beratung nutzen.
Auf der Computerspielemesse „Gamescom“ 2018 in Köln (21. bis 25. August 2018) sind die BZgA mit den „Net-Piloten“ und die LWL-Universitätsklinik mit ihren therapeutischen Angeboten mit einem Stand in Halle 10.2 vor Ort vertreten.