Fernbehandlung: Das sind die nächsten Schritte

Die Lockerung des Fernhandelsverbots eröffnet neue Chancen für die Patientenversorgung und die Telemedizin in Deutschland. Das Ergebnis des Ärztetags zeigt nach Einschätzung der Bayerischen TelemedAllianz (BTA), dass die Digitalisierung bei der Ärzteschaft als Thema angekommen ist. Nun gelte es, die Entscheidung der Delegierten des Ärztetages konsequent und schnell umzusetzen. Hierzu zählt insbesondere, alle Landesärztekammern den Erfurter Beschluss zeitnah und einheitlich in ihre Berufsordnungen aufnehmen. Denn die die Versorgung von Patienten per Fernbehandlung darf der BTA zufolge nicht davon abhängig werden, in welchem Bundesland sich ein Arzt befindet.

Politik und Kostenträger sollten zudem die Erprobung und Einführung ausschließlich auf Fernbehandlung basierender Projekte und Verfahren unterstützen. Gleichzeitig sollten Anreize für Ärzte geschaffen werden die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Hierzu müssen nach Ansicht der Bayerischen TelemedAllianz klare und leistungsgerechte Vergütungsregelungen in den Regelleistungskatalog der GKV aufgenommen werden. Begleitende Evaluationen können dabei helfen, die Qualität von Fernbehandlung sicherzustellen und zu verhindern, dass unseriöse Anbieter in diesen Markt drängen. Die Bekundung des Ärztetages müsse als ein klares Signal verstanden werden, dass Telemedizin zukünftig Bestandteil der Ausbildungscurricula von Ärzten und medizinischen Fachangestellten werde. Die Neuausrichtung der Fernbehandlungsnorm darf kein Ersatz für ärztliches Handeln sein, sondern immer nur eine freiwillig zu nutzende Ergänzung. Das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis muss davon unberührt bleiben und weiterhin im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung stehen.

Über das Fernbehandlungsverbot

Das Fernbehandlungsverbot in dieser Form gibt es übrigens bislang nur in Deutschland. Grundlage hierfür ist § 7 Absatz 4 der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte (MBO-Ä). Eine telemedizinische Betreuung oder Behandlung ist dadurch jedoch nicht grundsätzlich unzulässig. Berufsrechtlich untersagt ist lediglich die ausschließliche Fernbehandlung. Aus diesem Grund muss zu einem oder mehreren Zeitpunkten im Arzt-Patienten-Verhältnis ein persönlicher und unmittelbarer Kontakt zwischen Arzt und Patient stattfinden.

Obwohl telemedizinische Leistungen grundsätzlich erlaubt sind, setzt ihnen das Fernbehandlungsverbot enge Grenzen. Eine Vielzahl telemedizinischer Angebote wurden und werden durch diese Regelung bislang nicht realisiert. Ebenso erschwert das bisherige Fernbehandlungsverbot die Aufnahme telemedizinischer Leistungen in den Regelleistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Das schränkt die Finanzierungsmöglichkeiten und damit die Weiterentwicklung der Telemedizin ein, so die BTA. Mit dem Beschluss des 121. Ärztetag soll eine Fernbehandlung grundsätzlich möglich sein, ohne dass es zuvor einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gegeben hat. Die Musterberufsordnung ist nicht bindend für die Landesärztekammern, sie gilt aber vielen als Richtschnur für ihre landesspezifischen Berufsordnungen.

Fernbehandlung in anderen Ländern

In dünn besiedelten Gebieten wie Norwegen oder Schweden werden Untersuchungen und Behandlungen seit Jahren aus der Ferne koordiniert. In Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien können Patienten rund um die Uhr einen Arzt per Telefon, Internet oder Video kontaktieren. Dort fördern große Krankenversicherungen die Telemedizin.

Hierzulande sind ausschließlich telemedizinische Behandlungen ohne vorherigen Arzt-Patienten-Kontakt seit Kurzem in Baden-Württemberg möglich. Voraussetzung für die Durchführung derartiger Modellprojekte ist eine Genehmigung durch die Landesärztekammer sowie eine begleitende Evaluation. Auch die Landesärztekammer Schleswig-Holstein hat bereits eine Änderung ihrer Berufsordnung angekündigt: Sie gestattet zukünftig eine Beratung oder Behandlung ausschließlich über Kommunikationsmedien.