Digitale Assistenten gegen den Pflegenotstand

Pflegefachkraft im Gespräch mit Patient
Pflegefachkraft im Gespräch mit Patient: „Digitale Assistenzsysteme können Angehörige und Pfleger entlasten“ (Foto: © Katarzyna Białasiewicz/123rf.com)

Die Corona-Krise erhöht auch den Druck auf den Pflegebereich: 100.000 bis 200.000 Fachkräfte fehlen mittelfristig in der häuslichen Betreuung, schätzen Experten. „Den drohenden Pflegenotstand können nur digitale Assistenzsysteme kurz- bis mittelfristig abmildern“, sagt Dr. Bettina Horster, Direktorin der Kompetenzgruppe IoT im eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. 

Die in modernen Assistenzsystemen integrierten digitalen Sprachassistenten können als zusätzliches Kommunikationsmedium dienen oder die Senioren erinnern – etwa an die Einnahme von Medikamenten, den nächsten Arztbesuch oder daran, etwas zu trinken. Dehydration ist der häufigste Grund, warum ältere Menschen in die Klinik müssen. Ist eine Übermittlung der Vitaldaten und eine Sturzerkennung integriert, sorgt das zusätzlich für Sicherheit, wenn Pflegefachkräfte fehlen.

Angebote kaum bekannt

„Digitale Assistenzsysteme können Angehörige und Pfleger entlasten“, unterstreicht Horster. Obwohl die technischen Minimal-Voraussetzungen mit einem Internetanschluss bereits gegeben sind, profitieren Senioren in Deutschland bislang kaum von solchen Lösungen. „Es fehlt den meisten Menschen die Kenntnis, dass solche Angebote existieren“, sagt Horster. „Die Folgen der Corona-Krise könnten hier ein Umdenken in Bezug auf die Digitalisierung in der Pflege bewirken.“

Digitale Pflege braucht Datenschutz

Zudem gebe es noch kaum Anbieter, die die hohen Sicherheits- und Datenschutzanforderungen erfüllen. „Die Nutzer müssen selbstbestimmt entscheiden können, wer die eigenen Vital- und Gesundheitsdaten einsehen kann“, betont Horster. Die gängigen, von Internetkonzernen betriebenen Smart Home-Angebote erfüllen diese Voraussetzung jedoch oft nicht. Daher entwickelt beispielsweise ein Konsortium in der Smart City Dortmund eine eigene digitale Pflegeplattform. Daran beteiligen sich zahlreiche Organisationen, die sich auf hohe Sicherheits- und Datenschutzvorgaben verständigt haben.

Finanzielle Entlastung für Kommunen

Nicht nur die aktuelle Krise, auch der demographische Wandel machen solche Systeme künftig immer wichtiger, zeigt sich Horster überzeugt: „Wir brauchen eine mutigere Strategie zur Digitalisierung der Pflege.“ Dazu zählt für sie auch finanzielle Unterstützung durch Kommunen und Pflegekassen, denn viele Ältere können sich solche Systeme schlichtweg ohne Hilfe nicht leisten. „Entsprechende Subventionen würden nicht nur mehr Lebensqualität für die Betroffenen schaffen, sie rentieren sich auch, denn 75 Prozent aller Heimbewohner werden durch das Sozialamt unterstützt.“ Die Digitalisierung der Pflege könnte so künftig ein längeres Verbleiben in den eigenen vier Wänden ermöglichen und die Kommunen dabei finanziell entlasten.