App ermittelt problematische Internetnutzung

Bei immer mehr Menschen wird die ausgiebige Internetnutzung zum Problem. (Foto: dolgachov/123rf.com)

Forschende haben eine Smarthone-App entwickelt, die Anwendern dabei helfen soll, ihre eigene Internetnutzung besser einschätzen können. Ermittelt die App eine Internetsucht, dann bietet sie den Betroffenen Soforthilfe.

Die Entwicklung der App sind Teil eines bundesweiten Projekts zum Thema. An dem Projekt ist ein Konsortium aus Universitäten, Betriebskrankenkassen, Therapiezentren und Gesundheitsdienstleistern. Im Rahmen der SCAVIS-Studie (Stepped Care Ansatz zur Versorgung Internetbezogener Störungen) wird die Forschung deutschlandweit von zahlreichen Betriebskrankenkassen unterstützt.

Anonyme Nutzung

Teilnehmende Betriebe können ihren Mitarbeitenden die App zur Verfügung stellen. Sie können dann mithilfe dieser so genannten smart@net-App anonym überprüfen, ob sie zu einer problematischen Internetnutzung neigen. Ist das der Fall, erhalten Teilnehmende dabei über vier Wochen hinweg aufschlussreiche und persönlich auf sie zugeschnittene Informationen und Rückmeldungen in der App sowie bei Bedarf weitergehende Hilfen.

Internetsucht nimmt zu

Seit Beginn der COVID-19 Pandemie hat die gestiegene Internetnutzung aber auch dazu geführt, dass die Zahl der Menschen mit einer Internetsucht zugenommen hat, wie aus Befragungen deutlich wurde. Prof. Christian Montag von der Universität Ulm hat sich in den letzten Jahren insbesondere verstärkt mit der Smartphone-Nutzung auseinandergesetzt. Er sieht deutliche Probleme in diesem Bereich. „Die Technologie-Konzerne hinter Social Media und Co. haben großes Interesse daran, unsere Verweilzeiten auf ihren Online-Plattformen zu verlängern. Ihre geschickten Strategien wie Push-Nachrichten oder Like-Buttons bringen viele von uns dazu, unsere Handlungen im Alltag zu unterbrechen, um nur mal kurz online vorbeizuschauen. Diese dauernden Unterbrechungen im Alltag können unsere Leistungsfähigkeit und Produktivität reduzieren“, so der Wissenschaftler.

Zehn Prozent sind gefährdet

Richtig problematisch wird es, wenn man die Kontrolle darüber verliert, wie oft und wie lange man im Internet unterwegs ist. Das Online-Verhalten kann zur wichtigsten Sache im Alltag werden oder dazu führen, dass man sein Verhalten auch dann nicht ändert, wenn man feststellt, dass sich daraus negative Konsequenzen ergeben. Fachleute sprechen dann von einer „Internetnutzungsstörung“. Davon sind aktuellen Schätzungen zufolge zwei bis fünf Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen. Rund zehn Prozent gelten als gefährdet, eine solche Störung zu entwickeln. Übergänge von gesunder zu problematischer oder auch suchtartiger Nutzung sind fließend und entstehen oft unbemerkt.

Betroffene frühzeitig erreichen

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Betroffene möglichst frühzeitig erreicht werden. Die bundesweite SCAVIS-Studie nutzt die Arbeitsumgebung, um mit Betroffenen in Kontakt zu kommen. Unterstützt wird sie von zahlreichen Betriebskrankenkassen. Ziel ist die Förderung einer ausgewogenen Nutzung des Internets bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von an der Studie teilnehmenden Betrieben. Sie können nun ihre eigene Internetnutzung mithilfe der App genauer unter die Lupe nehmen. Erkennt die App ein Problem, dann erhalten die Nutzende vier Wochen lang personalisierte Informationen und Rückmeldungen. „Dadurch werden psychologische Prozesse angestoßen, die eine Verhaltensänderung ermöglichen können“, sagt wissenschaftliche Studienleiter Prof. Hans-Jürgen Rumpf von der Universität zu Lübeck die Wirkungsweise der App. Neben der smart@net-App für das eigene Smartphone erhalten einige Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit einer auffälligen Internetnutzung noch das Angebot kostenloser telefonischer Kurzberatungen oder einer kostenlosen Online-Therapie in Kooperation mit den Universitäten Mainz und der Freien Universität Berlin.

Studienteilnehmer gesucht

Für ihre Studie suchen die Forschenden noch weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Interessierte können an der Studie teilnehmen und die App auszuprobieren. Weitere Informationen sind auf der Internetseite SCAVIS.net zu finden. Die smart@net App ist auf Android- und Apple-Geräte verfügbar und kann kostenlos im App Store oder im Play Store runtergeladen werden. Die Teilnahme ist ab sofort bis Ende Mai 2022 möglich.