Digitalisierung im Gesundheitswesen darf kein reiner Selbstzweck sein. Sie muss sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientieren. Das betonte Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt auf dem 124. Deutschen Ärztetag, der coronabedingt am 4. und 5. Mai 2021 als reine Onlineveranstaltung stattfindet.
Leistungsstärke sichern
Das Gesundheitswesen in Deutschland ist in der Corona-Pandemie enorm belastet. „Es war aber zu keinem Zeitpunkt überlastet. Eine der wichtigsten Lehren aus der Pandemie muss deshalb sein, leistungsstarke Strukturen unseres Gesundheitswesens zu sichern, statt sie auszudünnen und auf reine Kosteneffizienz zu trimmen“, forderte der Bundesärztekammerpräsident.
Corona-Pandemie verdeutlicht Defizite
In den vergangenen Monaten seien Defizite in der Organisation des Gesundheitswesens deutlich geworden. Eine strukturell und personell bessere Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes ist nach Ansicht der Ärzteschaft daher erforderlich. „Es ist dem großen persönlichen Engagement der Mitarbeiter zu verdanken, dass die Gesundheitsämter trotz unzureichender personeller und technischer Ausstattung ihren vielfältigen Aufgaben in dieser Krise weitgehend nachkommen konnten“, so Reinhardt.
Neben einer modernen technischen Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, etwa zur effizienteren Kontaktnachverfolgung und zur besseren Koordination der Ämter untereinander sowie mit Praxen und Kliniken, werde dringend mehr Personal gebraucht. „Dafür ist eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung für die Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern grundlegend.“
Notwendig seien darüber hinaus eine bundesweit abgestimmte Klinikplanung und mehr länderübergreifende Kooperationen. Der steigende Personalbedarf sowie Reservekapazitäten für Notfälle müssten viel stärker als bisher in der Krankenhausplanung und bei der Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden.
Telemedizin und Videosprechstunden als Ergänzung
Nachholbedarf diagnostizierte Reinhardt auch bei der Digitalisierung. So sei in den letzten Monaten das Potenzial von Telemedizin und Videosprechstunden als Ergänzung zu herkömmlichen Versorgungsformen deutlich geworden. Die Pandemie habe aber auch gezeigt, wie weit einzelne Bereiche des Gesundheitswesens von einem sinnvollen, bedarfsgerechten und standardisierten Informationsfluss in den medizinischen Versorgungsprozessen entfernt seien.