Accelerator-Event zum Digitale-Versorgung-Gesetz

Ist das geplante Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) ein großer Wurf, oder gibt es noch viel Verbesserungsbedarf? Der Medizinprodukte-Spezialist B. Braun Melsungen AG veranstaltete hierzu einen Diskussionsabend mit Vertretern aus der Politik, der Startup-Szene und dem Gesundheitswesen.

Mit dem Entwurf zum neuen Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) liegt ein gesetzliches Maßnahmenpaket auf dem Tisch, das die herkömmlichen Prozesse im Gesundheitswesen gegen schnellere, digitale Alternativen austauschen möchte. Aber was bedeutet die Einführung für Ärzte, Krankenkassen, Hersteller und Patienten, welche Chancen und Risiken bietet das DVG und wie verbessert es den Zugang zu digitalen Lösungen im Gesundheitswesen?

Diskussionsrunde in Berlin

Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Veranstaltung „DVG – großer Wurf oder nur ein erster Schritt?“, zu der das Unternehmen B. Braun Vertreter aus der Politik, der Startup-Szene und dem Gesundheitswesen geladen hatte. Im Betahaus Berlin diskutierten unter anderem Dr. Philipp Kircher, Director Medizinrecht, Datenschutz, Informationssicherheit beim Health Innovation Hub des Bundesministeriums für Gesundheit, Farina Schurzfeld, Co-Gründerin der Therapie-App Selfapy, der Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Volker Amelung, Nico Schwartze, Leiter der Stabsstelle Digitales Innovationsmanagement der AOK Nordost sowie Thom Rasche, Partner von Earlybird Venture Capital.

„App auf Rezept“

Nach der Begrüßung nahm Dr. Philipp Kircher eine rechtliche Einordnung und inhaltliche Präsentation des DVGs vor und erläuterte, dass das Maßnahmenpaket einer neuen Produktklasse, den digitalen Gesundheitsanwendungen, einen Weg in die Regelversorgung ebene, sozusagen die „App auf Rezept“. In der anschließenden Paneldiskussion stand die Einschätzung des Gesetzesentwurfes durch die Diskussionsteilnehmer mit dem Fokus auf Evidenz, Preisbildung, volkswirtschaftlichen Nutzen und Wettbewerb im Mittelpunkt.

„Schritt in die richtige Richtung“

„Das DVG ist ein Schritt in die richtige Richtung und bringt Bewegung in den Markt“, machte Thom Rasche zu Anfang deutlich. Er erwarte auf lange Sicht eine bessere und effizientere Versorgung, die sozialer gestaltet sein werde, allerdings keine Einsparungen, so Rasche. Das DVG sei zu eng gefasst, aber es sei ein positiver Gedanke des Gesundheitsministers, nicht das perfekte Gesetz schaffen zu wollen, sondern sich auf den Weg zu machen. Dem stimmte auch Professor Amelung zu. In der gesamten Diskussion über digitale Gesundheitsanwendungen müssten sich die Startups aber vor allem Gedanken machen, wie sie die Informationen an die Ärzte bekommen und dort Überzeugungsarbeit leisten, denn der Wettbewerb werde vor allem in den Arztpraxen stattfinden, warnte Amelung.

Keine „Blaupause“ bei digitalen Gesundheitsanwendungen

Farina Schurzfeld berichtete von ihren Erfahrungen als Gründerin und aus den für den Erfolg elementaren wissenschaftlicher Studien, die das Startup bereits nach der ersten Finanzierungsrunde in Auftrag gab. Den durch das DVG belebten Wettbewerb und eine Öffnung des Marktes empfindet sie als positiv, ähnlich wie auch die Krankenkassen. Ausschreibungen seien ein Weg, um dem Wettbewerb zu begegnen, machte Nico Schwartze als Vertreter der AOK Nordost deutlich. Er sieht das DVG als ein Invest, das sich mittel- bis langfristig auszahlen werde, da erhöhte Transparenz und die Sammlung von digitalen Daten effizientere Strukturen ermöglichten. Zum Thema Preisbildung machte er deutlich, dass es sich bei digitalen Gesundheitsanwendungen um völlig neue Produkte handele und die richtigen Mechanismen noch gefunden werden müssten, da es keine „Blaupause“ gebe.

Vertrauen aufbauen

Bezüglich der Herausforderungen Richtung Datenschutz und Evidenz forderte Dr. Philipp Kircher zum Ende der Diskussion, dass es wichtig für die gesamte Healthcare-Startup-Szene sei, im Rahmen des DVG nun möglichst sichere Produkte in den Markt zu bringen und in der Bevölkerung Vertrauen aufzubauen. In der öffentlichen Diskussion stünden derzeit vor allem die Bedenken und nicht die Chancen im Vordergrund, es sei auch Aufgabe der Startups, dies zu ändern, so Kircher.

B. Braun Acclerator-Programm
Im Rahmen des „B. Braun Acclerator Programm“ intensiviert das Unternehmen B. Braun die Zusammenarbeit mit Startups, um unternehmens- und krankenhausinterne Prozesse und Technologien zu verbessern. In den vergangenen sechs Monaten fanden in diesem Rahmen unter anderem Bootcamps statt, in denen verschiedenen Use-Cases sowie B. Braun-spezifische Technologien und Lösungen ausgearbeitet wurden. Nach einer Pilotphase wird im November 2019 die Analyse der Ergebnisse erfolgen, die im Rahmen eines Demo-Days präsentiert werden. Im Frühjahr 2020 wird das B. Braun Accelerator Programm zum dritten Mal ausgeschrieben.