Wenn KI den Arztbrief erstellt

Werden Arztbriefe bald KI-gesteuert per Arztbriefgenerator erstellt? (Grafik: nevarpp/123rf.com)

Pro Jahr werden in Deutschland etwa 150 Millionen Arztbriefe geschrieben. Für ihre Erstellung müssen medizinische Daten ausgewertet werden, was mitunter zeitaufwendig ist. Kann ein Arztbriefgenerator helfen?

Die meisten medizinischen Daten liegen in Textform vor, was ihre Weiterverarbeitung mühsam macht. Eine Kombination aus Algorithmen und Künstlicher Intelligenz, die beim sogenannten Natural Language Processing (NLP) eingesetzt wird, könnte diesen Prozess erleichtern. Informationen aus Texten werden hierbei extrahiert und in strukturierter Form zur Verfügung gestellt. Dadurch sollen Prozesse wie Qualitätssicherung, die Erstellungen von Statistiken, klinische Entscheidungsunterstützungen und Abrechnungen einfach und schnell möglich sein. Zudem lassen sich aus den Daten neue Texte wie Arztbriefe erzeugen. Das soll in einem Bruchteil der bislang für diese Tätigkeit benötigten Zeit geschehen. Ein Prototyp eines solchen Arztbriefgenerators soll im Rahmen des KI.NRW-Flagship-Projekts SmartHospital.NRW im kommenden Jahr an der Universitätsmedizin Essen getestet werden.

Kostenloses Whitepaper

Durch Natural Language Processing soll nicht nur den Arztbriefgenerator ermöglichen. Auch viele weitere Anwendungen sind denkbar. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS haben jetzt das kostenlose Whitepaper „Natural Language Processing in der Medizin“ veröffentlicht. Darin werden die aktuellen Entwicklungen und Möglichkeiten dokumentenbasierter Prozesse im medizinischen Bereich aufgezeigt. Einige davon sind noch Zukunftsmusik, andere, vom Fraunhofer IAIS bereits entwickelte Anwendungen werden schon erfolgreich in Krankenhäusern eingesetzt.

Auch die so genannten Large Language Models (LLM) werden im Whitepaper beleuchtet. Das derzeit vermutlich bekannteste Beispiel eines LLM ist der Chatbot ChatGPT. „In naher Zukunft werden diese Modelle in der Lage sein, multimodal zu arbeiten, also auch Bilder oder tabellarische Daten, und nicht nur wie bisher Texte und gesprochene Sprache zu verarbeiten“, sagt Dario Antweiler, Teamleiter Healthcare Analytics am Fraunhofer IAIS. Dadurch ergäben sich auch im medizinischen Bereich wiederum neue Möglichkeiten, mit denen man das Personal entlasten, und Behandlungsprozesse – stets unter Berücksichtigung des Datenschutzes – im Sinne der PatientInnen weiter verbessern könne. Das ist wichtig, denn das Gesundheitswesen steht vor zahlreichen Herausforderungen wie Personalmangel, Kostendruck und einem „Information-Overload“ durch die immer stärker anwachsende Datenmenge in diesem Bereich. 

KI: Arztbriefgenerator kann Vorteile bringen

Aktuell entwickeln die Forscher daher gemeinsam mit mehreren Universitätskliniken, verschiedene Möglichkeiten der Informationsextraktion aus Dokumenten. Darunter ist auch Universitätsmedizin Essen an der bis Ende 2024 ein Prototyp des Arztbriefgenerators erprobt werden soll, der die Erstellung von Entlassbriefen vereinfacht. Dafür wertet die KI alle vorliegenden Dokumente sowie strukturierte Daten aus und erstellt einen natürlich klingenden Text, der zusätzlich leicht verständliche Erklärungen für die Patientinnen und Patienten. Nach einer Kontrolle und möglichen Ergänzung oder Änderung durch die Mediziner wird der Entlassbrief sozusagen per Knopfdruck in einem Bruchteil der Zeit erstellt, die eine rein manuelle Erstellung gekostet hätte. Die Forschenden erhoffen sich außerdem noch einen zusätzlichen Vorteil:  Patientinnen und Patienten, die bislang am Tag ihrer Entlassung häufig länger auf dieses Dokument warten müssen, können dank des Arztbriefgenerators das Krankenhaus früher verlassen.