Studie: Signifikante Vorteile durch Telemedizin

Das Innovationsfondsprojekt TELnet@NRW bescheinigt digitalen Lösungen für eine vernetzte Gesundheitsversorgung eine hohe Wirksamkeit. (Foto: everythingpossible/123rf.com)

Digitale Lösungen für eine vernetzte Gesundheitsversorgung helfen dabei, eine statistisch signifikante Verbesserung der medizinischen Prozess- und Ergebnisqualität zu erzielen. Das zeigen die Ergebnisse einer groß angelegten Telemedizinstudie.

Das Innovationsfondsprojekt TELnet@NRW ist mit mehr als 150.000 eingeschlossenen Patientinnen und Patienten die größte Telemedizinstudie Europas. Das Ergebnis der jetzt im Journal of Medical Internet Research publizierten Studie untermauert den Nutzen der sektorenübergreifenden telemedizinisch unterstützten intensivmedizinischen und infektiologischen Versorgung.

Zeitnahe Entscheidungen

Für TELnet@NRW-Konsortialführer Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen, ist dieses Ergebnis ein Meilenstein dem Weg zu einer digital vernetzten Gesundheitsversorgung. „Telekonsile verbessern die Behandlungsqualität sehr deutlich. Auf diesem Weg kann höchste medizinische Expertise schnell und unkompliziert flächendeckend verfügbar gemacht werden“, betont Prof. Marx. Mit Hinweis auf die wissenschaftlich erbrachte Evidenz setzt er sich für die umgehende Überführung der Telekonsile in die Regelversorgung ein. Nicht zuletzt habe die Pandemie gezeigt, dass es Alternativen zur Präsenzmedizin gibt, die technisch einwandfrei funktionieren. In Zeiten knapper Personalressourcen sind Expertise und Unterstützung für den Intensivmediziner vor Ort über Telekonsile jederzeit schnell abrufbar. Entscheidungen lassen sich gerade bei kritischen Fällen ohne Zeitverlust treffen.

Höhere Behandlungsqualität

Rund um die Uhr und über weite Entfernungen hinweg ermöglicht Telemedizin eine direkte Interaktion zwischen IntensivmedizinerInnen oder ExpertInnen für Infektionskrankheiten und medizinischen Teams. Diesen Teams steht dann die Expertise bei der Betreuung von PatientInnen in Krankenhäusern oder Arztpraxen zur Verfügung. Telekonsultationen von ExpertInnen erhöhen die Behandlungsqualität. Dadurch schaffen sie einen Mehrwert für die Patientinnen und Patienten, wie die Studienergebnisse zeigen. 

Signifikante Verbesserungen

TELnet@NRW konnte die Behandlungsqualität signifikant und klinisch hochrelevant verbessern. Im stationären Bereich erhöhte die telemedizinische Unterstützung beispielweise die Chance auf eine leitliniengerechte Behandlung von Blutstrominfektionen mit Staphylococcus Aureus um den Faktor 4,0.

Auch die Behandlung von lebensbedrohlichen Krankheitsbildern wie schwerer Sepsis und septischem Schock konnte positiv beeinflusst werden. Hier stieg die Chance auf eine leitliniengerechte Therapie um den Faktor 6,8. Im ambulanten Bereich reduzierte die telemedizinische Intervention inkorrekte Antibiotikagaben bei häufig vorkommenden unkomplizierten akuten oberen Atemwegsinfektionen sehr wirksam. Die Chance auf eine leitliniengerechte Behandlung erhöhte sich um 34,3 Prozent. Bei asymptomatischen Bakteriurien stieg die Chance auf eine leitliniengerechte Behandlung um den Faktor 9,3. Hinsichtlich der sekundären Outcomes konnte der Anteil lungenprotektiv behandelter Patienten mit akutem Lungenversagen signifikant erhöht werden. Auch die Einhaltung von international gültigen Leitlinienempfehlungen, so den Sepsis Bundles der Surviving Sepsis Campaign, konnte deutlich gesteigert werden. Dabei war eine nicht signifikante Reduktion der Sepsissterblichkeit von 28,8 Prozent auf 23,8 Prozent zu beobachten.

Übernahme in die Regelversorgung gefordert

TELnet@NRW hat ein umfangreiches sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk geschaffen. Dieses Netzwerk funktioniere einwandfrei und werde von PatientInnen und ÄrztInnen in hohem Maße akzeptiert. „Es eignet sich als Blaupause“, so Konsortialführer Prof. Marx. Angesichts der eindeutigen Vorteile müssen Telekonsile nun Teil der Regelversorgung werden. „Der digitale Umbruch in der Versorgung muss jetzt erfolgen“, fordert Marx. Telemedizin wirke! Der Preprint der Studie steht online zum kostenlosen Abruf zur Verfügung.