Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Das ist besonders wirksam

Von peripherer arterieller Verschlusskrankheit Betroffene verspüren bei Belastung zunehmend Schmerzen in den Beinen. (Orathaimukky/123rf.com)
Von peripherer arterieller Verschlusskrankheit Betroffene verspüren bei Belastung zunehmend Schmerzen in den Beinen. (Orathaimukky/123rf.com)

Bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) ist ein spezielles Gehtraining mit Fitnessarmband und regelmäßigem telefonischen Gesundheitscoaching hilfreicher als die herkömmliche Therapie, so die Ergebnisse eines aktuellen Projekts.

In Deutschland leiden rund 4,5 Millionen Menschen unter pAVK. Jetzt zeigt das Projekt: Die Kombination aus Gehtraining und Coaching sorgt demnach dafür, dass Betroffene körperlich fitter sind, eine längere Strecke als zuvor zu Fuß bewältigen und ihre Gehgeschwindigkeit steigern können. Auch das Treppensteigen verbessert sich laut Abschlussbericht des Versorgungsprojekts „pAVK-TeGeCoach“. An dem Projekt nahmen rund 2.000 Menschen mit pAVK teil, darunter gut 1.200 Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK). 442 Patientinnen und Patienten erhielten das Coaching über das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK). 

Neuartiges Behandlungskonzept

„Das telemetrisch unterstützte Gehtraining verbessert die Mobilität und Lebensqualität der Erkrankten signifikant. Die engmaschige Therapiebegleitung hilft den Betroffenen, einen bewegten und gefäßförderlichen Lebensstil einzuüben und beizubehalten. Das Fortschreiten der pAVK wird nachweislich verzögert“ sagt Hannes Böbinger, Projektleiter der TK im Team Innovationsfonds & Produktportfolio.“ Die positiven Effekte hielten auch noch ein Jahr nach Abschluss des Programms an. Das mit rund sieben Millionen Euro aus dem Innovationsfonds geförderte Projekt hat vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Empfehlung zur Übernahme in die Regelversorgung erhalten. 

Datenübermittlung in Echtzeit

Für das das Gehtraining nutzten die Teilnehmenden ein digitales Fitnessarmband, erfassten mit dem Aktivitätstracker die individuelle tägliche Gehstrecke und ihre Herzfrequenz. In einer Tagebuch-App dokumentierten sie die Trainingseinheiten. Alle Werte flossen in Echtzeit auf einer digitalen Plattform zusammen. Die Gesundheitscoaches konnten die Werte einsehen, analysieren und Trainingspläne anpassen. Ärzte und Ärztinnen erhielten quartalsweise strukturierte Gesundheitsberichte von den Coaches, um bei Bedarf Anpassungen in der Therapie vorzunehmen. 

Parallel dazu fand ein telefonisches Gesundheitscoaching für die Betroffenen statt. Auf der Basis der individuellen Daten der Patientinnen und Patienten besprachen geschulte Gesundheitsberater besprachen die individuellen Daten und in regelmäßiger Absprache mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten die Werte. Die Berater motivierten die Betroffenen, ihr Training regelmäßig zu absolvieren und weiter zu verbessern. „Das individuelle Coaching zeigt, dass Begleitung und Beratung entscheidend zum Trainingserfolg beitragen”, sagt Benjamin Finger, Leiter der Telemedizin am RBK. Die Patienten und Patientinnen seien durch die direkte Ansprache der Coaches deutlich motivierter.

Oft geht pAVK mit Begleiterkrankungen und Risikofaktoren wie koronarer Herzkrankheit, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Rauchen einher. Aus diesem Grund enthielt das Gesundheitscoaching auch eine gezielte Lebensstil- und Ernährungsberatung. 

Gehbeeinträchtigungen nehmen signifikant ab

Die wissenschaftliche Auswertung der neuartigen Versorgung zeigt, dass die Teilnehmenden an dem Programm im Symptombereich „Gehbeeinträchtigung“ gegenüber einer Kontrollgruppe signifikant besser abschnitten. In Punktwerten gemessen hatte die Projektgruppe nach zwölf Monaten einen um 8,4 Punkte besseren Score als zu Beginn des kombinierten Gehtrainings und Coachings. Die Kontrollgruppe, die nur die gängige Versorgung sowie einen Ordner mit Broschüren zu ihrer Erkrankung erhielt, erreichte in zwölf Monaten hingegen nur eine Verbesserung von 2,09 Punkten im Vergleich zum Versorgungsbeginn. 

Auch die Lebensqualität verbesserte sich durch die Kombination aus Gehtraining und Coaching. Signifikante Unterschiede zeigten sich zudem in allen Kategorien der krankheitsspezifischen Lebensqualität. Dazu zählen die Bereiche Aktivität, Schmerzen, Symptome, Sozialleben und Emotionales. Die psychischen Belastungen verringerten sich, die Gesundheitskompetenz verbesserte sich. 

Betroffene zufrieden

Mehr als 80 Prozent der Erkrankten, die das neuartige Programm durchlaufen hatten, gaben an, dass sie großes/eher großes Vertrauen in den TeGeCoach haben. Sie bewerteten die Qualität als hoch/eher hoch. Über 90 Prozent waren sehr zufrieden/eher zufrieden mit der Qualität und dem Umfang der zur Verfügung gestellten Informationen. Mehr als 90 Prozent äußerten sich sehr zufrieden/eher zufrieden mit der Einbeziehung in die Entscheidungsfindung. “Es hat uns besonders gefreut, dass unsere Leistungen in der digitalen Kommunikation mit den Teilnehmenden zu einem so hohen persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Coaches geführt haben”, so Benjamin Finger, Leiter der Telemedizin am RBK.

An dem Projekt waren die Techniker Krankenkasse, die mhplus Betriebskrankenkasse, die IEM GmbH, Philips GmbH, das Telemedizinische Zentrum des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart sowie das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf beteiligt. Die Konsortialführung lag bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH).