Forscher der TU Darmstadt entwickeln einen Roboter für Operationen im Bauchraum.Er soll die Chirurgen entlasten und den Behandlungserfolg steigern. Dank neuartiger Sensoren operiert der künstliche Helfer besonders feinfühlig.
Der Roboter für die minimalinvasive Chirurgie im Bauchraum wird im Rahmen des DFG-Projekts FLEXMIN von den Wissenschaftlern entwickelt und soll speziell für die Entfernung von Tumoren des Enddarms zum Einsatz kommen. Die chirurgischen Instrumente und eine Mini-Kamera sollen transanal, also über eine natürliche Körperöffnung, eingeführt werden. „Das schont den Patienten, denn der Verzicht auf Schnitte beschleunigt die Heilung“, sagt Dr. Christian Hatzfeld, Habilitand im Fachgebiet Mess- und Sensortechnik der TU Darmstadt. Zudem bleibe nach dem Eingriff keine Narbe.
Künstliches Fingerspitzengefühl für den OP
Der Operationsroboter wird vom Chirurgen ferngesteuert, der dazu an einem Bedientisch sitzt. Von dort aus verfolgt den Eingriff live und in Vergrößerung auf einem Bildschirm. Die in den Körper eingeführten chirurgischen Instrumente bewegt er über stiftähnliche Griffe und Klammern mit seinen Händen. Störende Effekte wie Händezittern werden durch das System eliminiert, so die Forscher. Die erwägen, für Standardaufgaben wie das Setzen von chirurgischen Nähten könnten zukünftig sogar Autopilotfunktionen in das System zu integrieren.
Der entscheidende Unterschied zwischen dem FLEXMIN-Roboter und bisherigen Chirurgierobotern soll das Fingerspitzengefühl sein. Die bereits heute in vielen Kliniken eingesetzten Systeme spüren zum Beispiel nicht, wo knotiges krankes Gewebe endet und gesundes anfängt. Für ihren Roboter haben die Forscher deshalb Sensoren entwickelt, die ihm eine Art Tastsinn verleihen. Eine weitere Besonderheit des Darmstädter Systems ist eine extreme Leichtgängigkeit. „Bei der Realisierung der ausgeklügelten Feinstmechanik und Antriebstechnik sind wir bis an die technischen Grenzen gegangen“, sagt Professor Dr. Helmut F. Schlaak, Leiter des Fachgebiets Mikrotechnik und Elektromechanische Systeme.
„Roboter erlauben Eingriffe, die bisher nicht möglich waren, und überzeugen mit diesen Funktionen auch die Ärzte“, unterstreicht Professor Dr. Mario Kupnik, Leiter des Fachgebiets Mess- und Sensortechnik. Der Einzug von Robotern in die Chirurgie läute zudem ein neues Zeitalter der Telemedizin ein. So könnten beispielsweise bei komplizierten Eingriffen Top-Chirurgen über eine spezielle Datenleitung zugeschaltet werden. Selbst in Krisengebieten und in Kliniken auf dem Land wären so Spezialoperationen möglich.
Roboter mit Fingerspitzengefühl und ausgefeilter Feinmotorik sind nicht nur in der Chirurgie gefragt. Auch bei der Wartung von Industriemaschinen und vielen anderen Aufgaben könnten solche System zum Einsatz kommen. Das gilt besonders dann, wenn Gefahr droht. Beim Entschärfen von Bomben oder der Reparatur von Nuklearanlagen würde sicherlich mancher Experte einem Roboterkollegen gerne den Vortritt lassen.