Modellprojekt für demenzsensibles Krankenhaus

Die Region Münster soll Modellregion für eine bundesweite Einführung eines „demenzsensiblen Krankenhauses” werden. Ziel ist es, die Behandlung von an Demenz erkrankten Patienten in Kliniken zu verbessern.

Auch Demenzpatienten bleiben von operativen Eingriffen nicht verschont. Sie müssen sich beispielsweise wegen einer geplanten Hüft-OP, aufgrund von Knochenbrüchen oder auch wegen Erkrankungen von Herz oder Nieren ins Krankenhaus begeben. Bei Klinikaufenthalt sollten diese Patienten unter besonderer Beobachtung stehen. „Das Risiko von Komplikationen ist bei Patienten mit relevanten Gedächtnisstörungen deutlich erhöht”, sagt Prof. Thomas Duning aus der Klinik für Neurologie des UKM (Universitätsklinikum Münster). „Insbesondere eine akute Verwirrtheit, ein so genanntes Delir, während einer Krankenhausbehandlung ist eine unterschätzte, und bisher nicht gut verstandene Komplikation”. 

Bessere Versorgung von Demenzpatienten

Hier setzt das Verbundprojekt „Kompass D2“ an, dessen Leiter Duning ist. Sechs Krankenhäuser aus der Region Münsterland sind an dem Projekt beteiligt. Das Evangelische Krankenhaus Johannisstift Münster (EVK), das Mathias-Spital und das Jakobikrankenhaus Rheine, das St. Josef-Stift Sendenhorst, das Josephs-Hospital Warendorf sowie das UKM Marienhospital Steinfurt weisen eine große Expertise bei der Versorgung von älteren Patienten mit kognitiven Störungen auf. Im Rahmen des Projekts soll in diesen Häusern nun ein Standard entwickelt werden. Er soll die Versorgung von Demenzpatienten, die sich zu einer Behandlung in eine Klinik begeben müssen, verbessern.

Risiken ausschalten

„Das Projekt beinhaltet, dass in den angeschlossenen Häusern alle Patienten ab einem Alter von 70 Jahren nach gemeinsamen Leitlinien gezielt untersucht und betreut werden“, sagt Dr. Peter Kalvari, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Geriatrie des EVK. Im Rahmen des Projekts führen die Experten der teilnehmenden Krankenhäuser Beratungen durch. Teil der Teams sind jeweils auch speziell ausgebildete Pflegekräfte und Apotheker. „Hintergrund ist, dass einige Medikamente bei älteren Patienten eine kognitive Verschlechterung während des Krankenhausaufenthaltes fördern können “, so Dr. Sebastian Baum, Apotheker im Team Demenzsensibles Krankenhaus des EVK.

Die Fallgeschichten der betroffenen Patienten werden in telemedizinische Visiten besprochen werden. Im Rahmen dieser Visiten können auch Patienten angesehen werden. Die technischen Voraussetzungen sollen in allen Häusern geschaffen werden. „Auch nach Entlassung werden die Patienten und deren Angehörige weiter betreut und untersucht”, meint Sigrid Krause, Pflegedirektorin des Josephs-Hospitals Warendorf

Demenzsensible Behandlung in Kliniken etablieren

Ziel des Projekts Kompass D2 ist es, die demenzsensible Behandlung in Krankenhäuser als Regelversorgung deutschlandweit zu etablieren. „Derzeit wird das Delir in deutschen Krankenhäusern nicht ausreichend erkannt, dokumentiert und entsprechend behandelt”, sagt Dr. Angela Grote-Reith, Chefärztin der Abteilung für Geriatrie am Mathias-Spital Rheine. Ihrer Einschätzung nach profitieren die Patienten von der Vernetzung der ausgewiesenen Experten in diesem Bereich. „Die Region Münster mit den teilnehmenden Krankenhäusern wird als Referenz für andere Regionen genommen, insofern ist Kompass D2 ein Modellprojekt”, so der Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin des St. Josef-Stift Sendenhorst, Dr. Matthias Boschin.

Vorreiterrolle

Univ.-Prof. Heinz Wiendl, Direktor der Klinik für Neurologie des UKM fügt hinzu: „Mit Blick auf die demografische Entwicklung erscheinen solche Konzepte für Krankenhäuser zukunfts- und vor allem Patienten- und qualitätsorientiert. Sie sind damit praktisch unausweichlich.“ Die Region Münster soll hierbei eine Vorreiterrolle übernehmen.

Der Fachbereich Gesundheitsökonomie der Universität Bielefeld, die Krankenversicherungsträger DAK, Barmer und IKK sowie die zeb.business school und die Stadt Münster sind ebenfalls an dem Projekt beteiligt. Das Projekt wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 5,7 Millionen Euro gefördert.