Lebertransplantationen: Mehr Spenderorgane durch smartes Gerät

„Metra“ hat das Potential, die Transplantationsmedizin zu revolutionieren: Mit dem Gerät kann eine Spenderleber für 24 Stunden außerhalb des Körpers am Leben erhalten werden. Seit Anfang des Jahres wird es am Innsbrucker Transplantationszentrum eingesetzt. Nun liegen erste Ergebnisse vor, die sehr vielversprechend sind: die Anzahl geeigneter Spenderlebern ist gestiegen.

Mithilfe von Metra können gespendete Lebern vor einer Transplantation durch maschinelle Durchblutung nicht nur länger aufbewahrt, sondern auch die Organqualität beurteilt und gegebenenfalls verbessert werden. Dadurch können auch Organe, die ursprünglich nicht für eine Transplantation geeignet erschienen, eingesetzt werden. „Für uns ist das eine revolutionäre Technik. Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft Spenderlebern für mehrere Tage oder Wochen aufbewahren können. Diese Maßnahme ist ein weiterer wesentlicher Baustein, um Patienten auf der Warteliste ein Organ zur Verfügung zu stellen“, erklärt Stefan Schneeberger, Leiter der Innsbrucker Transplantationschirurgie.

Das Gerät stammt von der britischen Firma OrganOx. „Hinter der Entwicklung von Metra steckt eine einfache Philosophie: Die Spenderleber soll nicht merken, dass sie außerhalb eines Körpers ist“, sagte Peter Friend, Direktor des Transplantationszentrums der Universität Oxford, der das Gerät gemeinsam mit dem Ingenieur Constantin Coussios entwickelt hat. Mit zu dem Gerät gehört außerdem ein komplexes Schlauchset von Raumedic, das lebenswichtige Körperfunktionen simuliert.

Lebertransplantationen besser planbar

Ohne Metra werden zugewiesene Lebern bisher bei einer Temperatur von vier Grad nach der Entnahme konserviert. Dem Transplantationsteam bleiben demnach derzeit nach der Durchtrennung bis zur erneuten Durchblutung im Spenderkörper sechs bis maximal zehn Stunden. Durch den Einsatz des Gerätes erhöht sich diese Zeit auf zunächst 24 Stunden. „Lebertransplantationen werden dadurch planbarer. Wir können sowohl die Patientinnen und Patienten als auch das OP-Team besser vorbereiten und auf Noteingriffe in der Nacht verzichten“, so Dietmar Öfner-Velano, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie.

Körperähnliches Umfeld für die Spenderleber

Mithilfe von Metra wird für die Spenderleber ein ähnliches Umfeld wie im Körper erzeugt. „Die sogenannte ,ex vivo Perfusion’ erfolgt auf Körpertemperatur. Es wird keine künstliche Flüssigkeit, sondern Blut verwendet. Sobald die Leber an das Gerät angeschlossen wird, funktioniert sie wie im Körper. Sie produziert Galle, verstoffwechselt Glucose und behält ihren physiologischen pH-Wert“, so die Innsbrucker Transplantationschirurgin Annemarie Weißenbacher, die derzeit ihr PhD-Studium in Oxford absolviert. Somit wird auch eine Qualitätskontrolle über die Funktion der Leber möglich. Nach entsprechender Prüfung können dadurch beispielsweise auch die Lebern von älteren Spendern für die Transplantation verwendet werden, so dass mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen. Die Sterberate auf der Warteliste kann dadurch laut Schneeberger weiter verringert werden.

Darüber hinaus ermöglicht die zeitliche Trennung von Organentnahme und Transplantation eine Vorbehandlung des Empfängers. „Jene Therapien, die schon heute dazu beitragen die Toleranz des Organempfängers gegenüber dem Spenderorgan zu erhöhen, könnten auch bei der Transplantation eines Organs von einem verstorbenen Spender eingesetzt werden“, so Schneeberger. Das wäre ein entscheidender Schritt, um die Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems nach Transplantationen zu vermeiden. Der Zentrumsleiter hofft, dass zukünftig Spenderlebern für mehrere Tage oder Wochen aufbewahrt werden können. Dann könnte vielleicht auch eine erkrankte Leber direkt am Gerät therapiert werden.