Forscher entschlüsseln Pollen-Verbreitung

Pflanzenpollen und Pilzsporen sind offenbar weitaus beweglicher als bisher angenommen. Sie finden sich überall in der Luft, auch in Höhen über 2.000 Metern. Das haben Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München (TUM) gemeinsam mit griechischen Kollegen herausgefunden. Bisher ging man davon aus, dass solche Allergenträger vor allem dort vorkommen, wo sie freigesetzt werden, nämlich in der Nähe des Bodens.

Jeder fünfte Europäer leidet heute unter Allergien – Tendenz steigend. Vor allem Pflanzenpollen und Pilzsporen tragen dazu bei. Um die Betroffenen rechtzeitig auf eine entsprechende Belastung vorzubereiten, werden mancherorts die Konzentrationen solcher luftgetragenen Allergene erfasst und kommuniziert. Dieser Ansatz hat allerdings einen entscheidenden Haken, wie Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin des Instituts für Umweltmedizin am Helmholtz Zentrum München und der TUM erläutert: „Die Werte werden derzeit hauptsächlich in dicht bevölkerten, urbanen Gegenden gemessen. Allerdings sind die Pollenquellen häufig außerhalb der Städte zu finden, da dort die Vegetation üppiger ist.“

Um eine Datengrundlage für die Verbreitung von Pollen über große Distanzen zu schaffen, untersuchte ihr Team gemeinsam mit der Gruppe um Dr. Athanasios Damialis von der Aristoteles-Universität Thessaloniki, welche Pollen wie oft in den unterschiedlichen Zonen der Atmosphäre zu finden sind. Dazu sammelten die Wissenschaftler Luftproben sowohl auf der Höhe des Meeresspiegels als auch in Höhen von bis zu 2.000 Metern  –  mit Hilfe eines Flugzeugs. Eine solche Untersuchung der Pollen- und Pilzsporenverteilung in der Atmosphäre ist den Forschern zufolge weltweit einzigartig.

Pollen in Flugzeughöhe

Es zeigte sich, dass auch in Höhen von 2.000 Metern zahlreiche Luftallergene zu finden sind. Dazu zählten hauptsächlich Kiefern- (Pinus) und Eichengewächse (Quercus). „Unsere Ergebnisse widerlegen den weit verbreiteten Mythos, dass Pollen und Pilzsporen in der Außenluft nur von lokalen Quellen stammen und daher auch nur in diesen Gegenden allergische Symptome hervorrufen können“, sagt Traidl-Hoffmann und ergänzt: „Die Erkenntnisse aus unserer Studie legen nahe, dass sie in Höhen von bis zu mehreren Kilometern vorkommen können, wo sie Aeroallergen-Wolken bilden.“ Es gilt es, die Bildung und Bewegung dieser Wolken zu erforschen. Denn das könnte nach Einschätzung der Expertin wichtige Erkenntnisse für die künftige Diagnostik und Prävention allergischer Erkrankungen in städtischen, dicht besiedelten Gegenden bringen.

Pollen-Frühwarnung per Drohne

Die Studie ist nach Einschätzung der Wissenschaftler zudem ein Hinweis, dass sich der Kontakt mit luftgetragenen Allergenträgern nicht vollständig ausschließen lässt, da sie nahezu überall vorkommen. Entsprechend sei eine Weiterentwicklung der Pollenvorhersagen zentraler Bestandteil einer effektiven Allergie-Prävention. „Denkbar wäre zum Beispiel ein Frühwarnsystem mit Drohnen“, schlägt Traidl-Hoffmann vor. Sie will das  Thema künftig weiter vertiefen. Veröffentlicht wurde der Fachbeitrag der Wissenschaftler erstmalig im im Fachmagazin „Scientific Reports“ .