Eine schnelle und sichere Unterstützung zur Selbsteinschätzung im Krankheitsfall sollen Patientinnen und Patienten künftig durch den „Digitalen Gesundheitslotsen“ der Universitätsmedizin Halle erhalten.
Bei der Bewertung eigener Krankheitssymptome fühlen sich Patienten häufig verunsichert. Das sorgt in den Randzeiten der hausärztlichen Versorgung häufig dafür, dass diese Patienten auch dann Notaufnahmen aufsuchen, wenn es nicht erforderlich ist. Der „Digitale Gesundheitslotse“ soll diese Patienten nun webbasiert bei der Selbsteinschätzung ihrer Symptome unterstützen. Anhand eines Fragenkatalogs bewertet die Software Symptome und mögliche Vorerkrankungen der Patientinnen und Patienten. Danach gibt die eine Empfehlung für den optimalen Versorgungszeitpunkt sowie die geeignete Versorgungsstufe.
„Unser Ziel ist eine bessere Steuerung der PatienIinnen in der gestuften regionalen Versorgung durch evidenzbasierte, digitale Empfehlungen“, sagt Projektleiter Jens Schneider. „So ermöglichen wir nicht nur die geeignete Versorgung zum richtigen Zeitpunkt, wir geben den Menschen auch mehr Sicherheit bei medizinischen Fragen und entlasten die Mitarbeitenden in der Notaufnahme“, erläutert Schneider. So gelinge es, die Versorgungsqualität zu verbessern und die medizinischen Ressourcen in der Notfallmedizin bestmöglich zu nutzen.
Die Befragung der Patienten durch das System ist anonym und personenbezogene Daten werden im Verlauf nicht gespeichert. Die eingegebenen Inhalte der Selbsteinschätzung können die Nutzenden jedoch lokal für die eigenen Unterlagen abspeichern.
Medizinische Ersteinschätzung für Patienten: Zugang via Internet
Das Angebot zur strukturierten medizinischen Selbst- und Ersteinschätzung steht erwachsenen Patienten und ihren Angehörigen ab sofort auf Webseite der Universitätsmedizin Halle zur Verfügung. Der Gesundheitslotse lässt sich rund um die Uhr und über jedes Endgerät mit Internetzugang nutzen. Das Angebot soll dabei helfen, Unsicherheiten über die Schwere der eigenen Erkrankung zu verringern. Zudem soll es vor möglichen medizinischen Notfällen warnen und Empfehlungen bezüglich Notwendigkeit sowie Dringlichkeit der weiteren ärztlichen Behandlung geben.
Kein Ersatz
„Der Digitale Gesundheitslotse ersetzt natürlich nicht das Anamnesegespräch mit ÄrztInnen in einer Praxis oder Notaufnahme“, beton Oberarzt Frank Noack, stellvertretender Leiter der Zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Halle (Saale). Man könne jedoch mit dem Einsatz moderner Technologien nun ein Angebot schaffen, das Menschen helfe zu entscheiden, ob und wie dringend ein Arzt- oder Klinikbesuch notwendig sei. „Durch diese Priorisierung verhindern wir, dass PatientInnen ihre Symptome unterschätzen, wenn akuter Handlungsbedarf besteht und können gleichzeitig für alle die Wartezeiten in der Notaufnahme verkürzen.“
Zusätzliche Informationen für Ärzte
In einer zweiten Ausbaustufe soll der „Digitale Gesundheitslotse“ ab Spätsommer 2023 nach Anmeldung in der Zentralen Notaufnahme und erfolgter strukturierter Ersteinschätzung während der Wartezeit zu nutzen, um wichtige zusätzliche Informationen an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte weiterzuleiten.
Umsetzung im Rahmen des KHZG
Bei dem „Digitalen Gesundheitslosen“ handelt es sich um eine lernende, geschlossene Künstliche Intelligenz (KI). Das System basiert auf dem zertifizierten Medizinprodukt SMASS (Swiss Medical Assessment System). Er wurde gemeinsam mit dem aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, dem Schweizer Medizinproduktehersteller in4medicine sowie deren Tochterunternehmen, der HCQS GmbH, realisiert.
Als eines von insgesamt vier zukunftsweisenden Digitalisierungsprojekten wird der „Digitale Gesundheitslotse“ an der Universitätsmedizin Halle im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) umgesetzt. Der Bund und das Land Sachsen-Anhalt fördern die Universitätsmedizin Halle dabei mit rund fünf Millionen Euro.