Mit umfangreichem Programm ist die digitale Messe DMEA sparks gestartet. Gesundheitsminister Jens Spahn machte sich im Interview für die Corona-Tracing-App stark, gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken stellte sich auf dem „heißen Stuhl“ den Fragen des Publikums und Prof. Dr. Jörg Debatin erläuterte, welchen Schub die Corona-Pandemie der Digitalisierung des Gesundheitswesens gegeben hat.
„Dezentral, freiwillig und DSGVO-konform“, so benannte Jens Spahn einige der Anforderungen an die Corona-Tracing-App, die zeitgleich mit der DMEA sparks gestartet war. Nur wenn die Akzeptanz der Bevölkerung gegeben sei und möglichst viele Menschen die App installierten, könne sie ihre Aufgabe erfüllen: zu warnen, wenn man Kontakt zu einer infizierten Person hatte – selbst wenn dies nur ein anonymer Kontakt auf Reisen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln war. Als nächsten wichtigen Schritt nannte Spahn, im Rahmen der europäischen EU-Ratspräsidentschaft ein gemeinsames Verständnis für den Austausch von Gesundheitsdaten zu schaffen.
Von der Digitalisierung des Gesundheitswesens zeigte sich Spahn gewohnt überzeugt und will sie weiter vorantreiben. Die elektronische Patientenakte (ePA) soll laut Spahn am 1. Januar 2021 auf jeden Fall an den Start gehen – auch wenn es dann im Nachgang noch weitere Anpassungen geben könne. Wichtig sei es, anzufangen. Mit der ePA und dem eRezept seien die Startpunkte gesetzt. Auch das Thema Interoperabilität wolle er künftig vorantreiben, denn offene Schnittstellen und eine gemeinsame Sprache seien die Voraussetzung für ein vernetztes digitales Gesundheitswesen.
Die ePA als Flugzeugträger
Als „Flugzeugträger der Gesundheitsversorgung von morgen“ sieht gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken die elektronische Patientenakte (ePA). Er stellte sich bei der diesjährigen Ausgabe des eHealth Hot Seats den Fragen des Publikums.
Seiner Einschätzung nach wird das große Potenzial der ePA häufig noch unterschätzt: Für die Zukunft wünschte sich Leyck Dieken eine „biologische Akte“, die umfangreiche Daten von Geburt an beinhalte und Patientinnen und Patienten ein Leben lang begleite. Denn Informationen, wie beispielsweise Vorerkrankungen in der Familie, könnten die individuelle Vorsorge und Behandlung von Krankheiten verbessern. Leyck Dieken betonte, dass alle Leistungserbringer an einem Strang ziehen müssen, um die ePA schnell zum Erfolg zu führen. Mit den „national contact points“ sei zudem der Grundstein für den europäischen Austausch von Daten gelegt.
Digitalisierungschub durch Corona
Nach Ansicht von Prof. Dr. Jörg Debatin, Leiter des Health Innovation Hubs (hih) des Bundesgesundheitsministeriums, hat die Corona-Pandemie der Digitalisierung im Gesundheitswesen einen Schub versetzt. So nutzt mehr als die Hälfte der Ärzteschaft nutzten Videosprechstunden. Zudem wurden neue innovative Tools eingesetzt: Der CoronaBot beantwortete häufige Fragen von Bürgerinnen und Bürgern und sorgte so für eine Entlastung der Hotlines, COVID-19-Home-Monitoring unterstützte die Gesundheitsämter bei ihrer Arbeit und das Robert Koch-Institut erhielt mehr als 500.000 Datenspenden basierend auf den Gesundheitsdaten von Fitnessarmbändern.
Mit Cocos (Corona Component Standards), einer Initiative mit weiteren Akteuren aus dem Gesundheitswesen, wurde der Grundstein für gemeinsame Standards und Interoperabilität gelegt. Nun gelte es, den Schwung in Sachen Digitalisierung aufrechtzuerhalten, so Debatin. Mit Vorhaben wie ePA, eRezept und DiGA-Fast Tracks sei der Anfang gemacht.
Mensch und Maschine
Im Gesundheitswesen ist das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine sei im Gesundheitswesen besonders sensibel, so Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski, Mitglied im Deutschen Ethikrat, in ihrer Keynote. Sie betonte, dass der Einsatz von digitalen Technologien wie KI und Machine Learning viele Vorteile bietet, beispielsweise beim Auswerten von Röntgenbildern in der Krebsdiagnostik. Doch gleichzeitig berge dies die Gefahr, dass der wissenschaftliche Fortschritt nicht angemessen berücksichtigt werde, da die KI aus Daten aus der Vergangenheit lerne. Wer sich zu sehr auf die Maschine verlässt, läuft nach Einschätzung der Expertin zudem Gefahr, seine eigene Kompetenz zu verlieren, da das selbständige Auswerten von Daten nicht mehr geübt wird.
Auch die Vermenschlichung von Maschinen, beispielsweise der Einsatz von humanoiden Robotern in der Pflege, dürfe nicht zu leichtfertig geschehen. Die Vermenschlichung der Maschine könne Akzeptanz bei Patientinnen und Patienten schaffen und so Therapierfolge erzielen. Dies könne aber auch ins Gegenteil umschlagen, wenn Erwartungen an „menschliches Verhalten“ nicht erfüllt würden.
Die DMEA sparks läuft noch bis zum 18. Juni. Ab dem 19. Juni stehen ausgewählte Inhalte online zur Verfügung.