Damit Fortschritte in der Krebsbehandlung erzielt werden, muss dringend geklärt werden, wem die Patientendaten gehören und wie sie besser für die Forschung eingesetzt werden können. Das fordert jetzt Prof. Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts.
Der Informatikwissenschaftler weist darauf hin, dass die Zusammenführung und Analyse medizinischer Daten für individualisierte Krebstherapien eine zentrale Rolle spielt. In diesem Zusammenhang warnt Meinel davor, dass Deutschland den Anschluss an wichtige Entwicklungen in der Medizin verpassen könnte: „Der digitale Wissensaustausch, für den es bereits Technologien gibt, kommt wegen fehlender rechtlicher Sicherheit nur unzureichend voran.“ Die Analyse genetischen Materials werde immer schneller und kostengünstiger.
Dadurch wächst Meinel zufolge die Herausforderung für Mediziner, verfügbare Daten sinnvoll zu verknüpfen und dadurch präzisere Einblicke zu gewinnen. Am HPI arbeiten Wissenschaftler mit Gesundheitsexperten zusammen, um die Analyse und Kombination riesiger Mengen von medizinischer Daten in Echtzeit zu ermöglichen.
„Für einen Tumorpatienten in Deutschland könnte das bedeuten, dass Ähnlichkeiten zwischen dem genetischen Fingerabdruck seines Tumors und weiteren Patienten weltweit identifiziert werden“, sagt Dr. Matthieu-P. Schapranow, Program Manager E-Health am HPI. So könne präziser entschiedenen werden, welche individuelle Chemotherapie für jeden Patienten erfolgsversprechend sei. Dazu müssen die erforderlichen Daten müssen jedoch international über Einrichtungen hinweg ausgetauscht werden. Das funktioniert laut dem Experten heute jedoch oft nur im Rahmen von einzelnen Forschungsprojekten, da schwerwiegende Erkrankungen keine Grenzen kennen.
Datenspendepass denkbar
Der HPI-Wissenschaftler setzt sich deshalb dafür ein, Patienten mehr Transparenz und Kontrolle über ihre Daten zu gewähren. „Analog zu einem Organspendeausweis wäre ein Datenspendepass denkbar“, so Schapranow. Dadurch könnten Patienten den Zugriff auf ihre krankheitsrelevanten Daten, wie zum Beispiel Tumor- und Labordaten, für ausgewählte Forschungszwecke selbst verwalten. So könnten sie dann beispielsweise per App auf dem Smartphone schnell und unkompliziert nach ihrer Einwilligung gefragt werden, ob sie den Zugriff auf ihre Daten erlauben.
Um für eine Akzeptanz solcher Vorhaben bei den Patienten zu sorgen, muss die Sicherheit der sensiblen Daten gewährleistet sein. Hier sei es wichtig, dass eine Anfrage in einer Datenbank niemals Rückschlüsse auf eine bestimmte Einzelperson oder eine kleine Personengruppe zulasse. „Die Klärung dieser Fragen ist komplex, aber unumgänglich, um Patienten Zugang zur bestmöglichen Behandlung auf die individuelle Diagnose zu ermöglichen“, so Schapranow.