Laut einer repräsentativen Untersuchung des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) unter über 900 pflegenden Angehörigen im Alter von 40 bis 85 Jahren fühlen sich 33 Prozent der Befragten nicht gut informiert – bei den Leistungen für sich selbst sind es sogar 44 Prozent.
Die Befragten fühlen sich nicht nur zu wenig informiert – auch hakt es bei der Inanspruchnahme von Leistungen: In 70 Prozent der Fälle wird der monatliche Entlastungsbeitrag von 125 Euro offenbar nicht genutzt. Das ZQP bietet Betroffenen, die Beratungsbedarf haben, Hilfe an: Alle Interessierten wird ein kostenloser Zugang zu einer Datenbank mit deutschlandweit über 4.500 nicht kommerziellen Beratungsangeboten im Kontext Pflege zur Verfügung gestellt: www.zqp.de/beratungsdatenbank.
Mit Einführung der Pflegestärkungsgesetze hatte der Gesetzgeber in der zurückliegenden Legislaturperiode umfangreiche Leistungsausweitungen in der Pflege beschlossen – auch um die deutschlandweit etwa 4,7 Millionen pflegenden Angehörigen zu entlasten.
Entlastung kommt nur teilweise an
In der Analyse des ZQP zeigt sich, dass zwar 90 Prozent der Befragten von den Pflegereformen wussten, aber Leistungsausweitungen anscheinend nur bedingt wahrnehmen und Angebote teilweise nicht genutzt werden.
Immerhin 25 Prozent der Befragten, die bereits vor 2017 gepflegt haben, geben an, seit den Pflegereformen mehr Angebote wie Alltagsbegleitungen nutzen zu können. 21 Prozent dieser Gruppe sagen, sie könnten sich nun mehr Auszeiten von der Pflege nehmen.
Von diejenigen, die bereits seit 2014 und früher gepflegt haben und damit alle Leistungsausweitungen seit 2015 aus der Pflegesituation heraus erlebt haben können, nehmen 26 Prozent Verbesserungen in Bezug auf die Angebote wahr. Ebenfalls 26 Prozent dieser Befragten erleben positive Veränderungen bei der Möglichkeit Auszeiten von der Pflege nehmen zu können.
Zu wenig Pflegeeinrichtungen
Der ZQP-Vorstandsvorsitzende Ralf Suhr resümiert: „Unsere Ergebnisse zeigen Licht und Schatten. Pflegende Angehörige berichten von Verbesserungen seit den Reformen. Zugleich steht zu befürchten, dass die Leistungsausweitungen noch nicht in erhofftem Maße in der häuslichen Pflege angekommen sind. Dabei spielt sicher auch eine Rolle, dass die nötigen Angebote wie zum Beispiel Tagespflegeeinrichtungen, nicht überall in ausreichendem Umfang vorhanden sind“.
Die begrenzte Wahrnehmung und Nutzung der veränderten Leistungen der Pflegeversicherung könnte auch aus mangelndem Wissen über die Möglichkeiten resultieren. So geben 44 Prozent der Befragten an, dass sie sich nicht wirklich gut über ihre Ansprüche als Pflegende informiert fühlen. 33 Prozent sehen dieses Informationsdefizit in Bezug auf die Ansprüche des Pflegebedürftigen aus der Pflegeversicherung.
Professionelle Beratung ist elementar
ZQP-Vorstand Suhr pocht auf bessere Beratung von Betroffenen: „Professionelle Beratung ist ein zentraler Schlüssel zu guter Pflege. Denn: wer weiß, welche Leistungen man bekommen kann und sie dann gezielt nutzt, kann die Pflege bestmöglich organisieren. Pflegeberatung und Pflegeschulungen sind darum sehr wichtig. Pflegende Angehörige haben auf solche kostenlosen Angebote einen Anspruch.“
Die Nutzung dieser Angebote scheint laut der Studie ebenfalls ausbauwürdig: Pflegeberatung haben deutlich weniger als die Hälfte (42 Prozent) der Befragten genutzt. Einen kostenlosen Pflegekurs besucht haben sogar nur acht Prozent der Pflegenden. „Das ist mit Sicherheit viel zu wenig, gerade angesichts der besonderen gesundheitlichen Belastungen, denen pflegende Angehörige oft ausgesetzt sind“, sagt Suhr.
Wichtige Pflege-Reformmaßnahmen 2015 bis 2017:
- Erweiterung der Anspruchsberechtigten gegenüber der Pflegeversicherung, das heißt Personen mit geringen körperlichen dafür aber geistigen Beeinträchtigungen
- Erhöhung von Pflegegeld und Pflegesachleistungen
- Einführung eines Entlastungsbetrags zur Unterstützung im Alltag von 125 Euro pro Monat für alle Pflegebedürftigen, die zu Hause versorgt werden
- Ausweitung der Leistungen für Tages- und Nachtpflege sowie für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege
- Ausbau der Strukturen der Pflegeberatung, Verbesserung der Zugänglichkeit zu Beratung und Schulung sowie eigener Anspruch informell Pflegender auf Pflegeberatung
- Verbesserung der Zugänglichkeit zu Pflegehilfsmitteln und deren Kostenerstattung
- Höhere Zuschüsse für Umbauten oder die Anpassung der Wohnung an die Pflegesituation
- Verbesserung der sozialen Absicherung für einen Teil der Pflegepersonen
- Einführung eines Pflegeunterstützungsgelds für die bis zu zehntägige Pflegeorganisation bei einem nahen Angehörigen
- Neuer Rechtsanspruch auf teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten bei einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Stunden für pflegende Arbeitnehmer in Unternehmen ab regelmäßig 26 Beschäftigten, zugleich Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.
Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) ist eine bundesweit tätige, operative und gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Berlin. Das ZQP wurde vom Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. errichtet. Derzeit sind ca. 2,5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes. Die meisten von ihnen werden zuhause gepflegt – ausschließlich von Angehörigen oder mit Unterstützung eines Pflegedienstes.