Durch eine Sepsis hervorgerufenes Organversagen ist die Haupt-Todesursache auf Intensivstationen. Ein an der Universitätsmedizin Mannheim entwickelter neuartiger Ansatz zur Früherkennung könnte die Prognose der Betroffenen verbessern.
Die wirksamste Maßnahme, um Patienten mit einer gesicherten Sepsis erfolgreich zu behandeln, ist eine rechtzeitige und adäquate Antibiotika-Therapie. Dies setzt die frühe und verlässliche Diagnose einer Sepsis bei Intensivpatienten voraus, was jedoch auch heute noch eine große medizinische Herausforderung darstellt.
In der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Critical Care Medicine stellen Wissenschaftler der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin und der Abteilung für Medizinische Statistik, Biomathematik und Informationsverarbeitung der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg den neuen Ansatz zur Sepsis-Früherkennung vor.
Computeralgorithmus entwickelt
Es handelt sich um einen Computeralgorithmus, der die laufend erhobenen und in der elektronischen Patientenakte gespeicherten Routinedaten zur individuellen, minutengenauen Abbildung des sogenannten „Systemischen Inflammatorischen Response Syndroms“ (SIRS), eines wichtigen Merkmals der Sepsis, nutzt. Der Algorithmus ist von einem Team unter der Leitung von Dr. Dr. Verena Schneider-Lindner entwickelt worden. Auf dem Algorithmus aufbauend definierten die Wissenschaftler zur Erfassung der Dynamik des SIRS intuitive Maße, etwa den Durchschnitt und die Änderung der Anzahl der SIRS-Kriterien über ein Zeitfenster von 24 Stunden.
Bei der praktischen Anwendung dieser SIRS-Deskriptoren zeigte sich, dass diese der üblichen punktuellen Erhebung des SIRS deutlich darin überlegen sind, eine Sepsis bei schwerverletzten Unfallopfern (Polytrauma-Patienten) vorauszusagen. Ihre Trennschärfe bei der Diagnose der Sepsis im Intensivverlauf reichte sogar an jene von derzeitigen Sepsis-Biomarkern heran, ohne den zusätzlichen Testaufwand zu erfordern.
Wegweisender Ansatz
In einem begleitenden Leitartikel desselben Journals bezeichnet der führende Sepsis-Experte R. Phillip Dellinger (Cooper Medical School of Rowan University, New Jersey) das Design der Studie als anspruchsvoll, elegant und innovativ. Das Konzept der elektronisch gestützten Intensivüberwachung und den dort vorgestellten Ansatz zur frühen Erkennung von Zustandsverschlechterungen bei Patienten mit Sepsis bewertet er als wegweisend.
Die Arbeiten zur Früherkennung der Sepsis werden im Rahmen des Projekts „Scientific computing for the improved detection and therapy of sepsis“ (SCIDATOS) im Verbund mit dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg (IWR) von der Klaus Tschira Stiftung gefördert.